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Heinz Breitling zum 80. Geburtstag

REO - 10 Jahre Rochade


Rochade Express, Nr. 34, Seite 17ff, "Heinz Breitling zum 80. Geburtstag"

   Wer kennt und schätzt ihn nicht, unseren Jubilar? Am 23. Februar feierte Heinz Breitling seinen 80. Geburtstag. Dazu noch einmal nachträglich die allerbesten Wünsche vom RE-Team! Sein hohes Alter ist Breitling nicht anzumerken. Er wirkt immer noch sehr rüstig und vor allem geistig frisch. Das spüren vor allem seine Gegner in der Bezirksklasse. Am Spitzenbrett treibt er die meisten zur Verzweiflung! In acht Spielen unterlag der Koryphäe nur einmal. Sein Geburtstag war deshalb für den Rochade Express eine Verpflichtung, ein Interview mit dem Altmeister zu führen.

RE: Wann haben Sie denn mit dem Schach begonnen?

Breitling: Meine Mutter besaß eine Buchhandlung. Mit etwa 8 Jahren fiel mir ein Schachbuch in die Hände. Es handelte sich dabei um ein Werk der bekannten deutschen Meister Dufresne und Mieses. Anhand des faszinierenden Buches brachte ich mir die Züge selber bei. Der Zufall wollte es, dass Emil Joseph Diemer (Anm. d. Red.: Ein ebenfalls sehr starker badischer Spieler, der das Blackmar-Diemer-Gambit mitbegründete und zu einem System ausbaute) ein Schulkamerad von mir war. In der B-Klasse am Humanistischen Gymnasium in Baden-Baden spielte ich oft mit Diemer. Insbesondere im Zeichenunterricht, an dem ich überhaupt kein Interesse hatte!

RE: Und wann ging es erstmals in einen Schachclub?

Breitling: Mit 14 Jahren trat ich der traditionsreichen Badener Schachgesellschaft bei. In der zweiten Mannschaft gewann ich fast alle Spiele und rückte so das Jahr darauf schon in die Erste.

RE: Wie verlief Ihr erstes Turnier?

Breitling: 1928 mischte ich beim oberrheinischen Schachkongress mit. Dieser fand in Karlsruhe statt. Mein Verein übernahm für mich die anfallenden Kosten und ich erwies mich gleich durch den 1. Platz im Nebenturnier als dankbar. Solch bekannte und gute Leute wie Dr. Lauterbach (Mannheim) lagen hinter mir! Nach diesem Erfolg stieg ich rasch weiter auf und spielte bis in die siebziger Jahre hinein immer mindestens im Meister-B Turnier! Anfang der dreißiger Jahre, also mit 25 Jahren, spielte ich in Konstanz erstmals im Meister A! Kontrahenten waren unter anderem der mehrfache Vize-Weltmeister Bogoljubow!

RE: Wie lange haben Sie für Baden-Baden gespielt?

Breitling: Das ging nicht mehr lange. Wir hatten zahlreiche Meister, die alle stark rivalisiert waren. Ich erinnere mich noch an den Mühlherr. Wenn er gewann hieß er in der Presse Mühlherr und wenn er verlor Müller! Derselbige beklagte sich jedenfalls in Konstanz über meine Nominierung in das Meister A-Turnier! Von einem Mannschaftskameraden sollte man so etwas nicht erwarten. Wegen vieler solcher Vorfälle kam es zu Differenzen und ich beschloss zu Baden-Oos zu wechseln. Dort begann meine ganz große Blütezeit. Bis 1949 gab es wenig Theorie, maximal bis zum 8. Zug vielleicht. Das bot den Vorteil, dass ich mit der entsprechenden Phantasie auftrumpfen konnte. Insbesondere bei Blitzturnieren, die mir am meisten Freude bereiteten, gewann ich sehr viele Preise. Nur ein Blitzturnier in Gaggenau bleibt mir in schlechter Erinnerung: Der Sieger musste einen Ehrentanz absolvieren. Unglücklicherweise konnte ich überhaupt nicht tanzen! Dennoch brachte ich diese Peinlichkeit über die Bühne. Ab da achtete ich jedoch darauf, dass ich nur noch an Turnieren ohne Tanz teilnahm.

RE: Was waren Ihre größten Erfolge abgesehen von den Blitzturnieren?

Breitling: Sehr gern erinnere ich mich an ein Turnier in Monte Carlo. Ein Schachfreund von der französischen Armee prahlte in seinem Heimatort Monte Carlo von der riesenstarken Armeeschachtruppe. Leider hatten die keine guten Schachspieler. So sollten wir Baden-Badener die französische Armee verstärken. Leider sprachen nur Robert Sutterer und ich Französisch. Emil Joseph Diemer musste so den Taubstummen mimen, da er sich ansonsten verraten hätte! Wir belegten dann in Monte Carlo den zweiten Rang. Ein glänzendes Ergebnis hinter einer haushoch überlegenen jugoslawischen Meistermannschaft aus Belgrad. Lustig war es dort auch. Einmal spielte Diemer gegen einen jugoslawischen Meister. Emil übertraf sich an diesem Tag und stand total auf Gewinn. Plötzlich liefen aber beide Uhren. Der Jugo, der um seine Existenz spielte, reklamierte sofort Remis: "Er wolle sich auf nichts einlassen! Remis! ". Der arme Diemer, der als Taubstumm galt, konnte sich nicht recht wehren und zog den Kürzeren. Trotzdem war das Turnier eine erstklassige Sache. Wir kamen schließlich dort zu einem kostenlosen mehrtägigen Urlaub!

RE: Und welche anderen Erfolge schätzen Sie noch hoch ein?

Breitling: 1933 wurde ich badischer Vize-Meister hinter Bogoljubow! Zudem konnte ich den Vize-Weltmeister einmal in einer ernsten Partie schlagen (Anm. d. Red.: Leider liegen keine Partien aus früheren Jahren vor, sonst hätten wir Ihnen gerne diese gezeigt). Ansonsten habe ich jede Menge Pokale und Siege errungen. Bei dieser Vielzahl von Erfolgen kann ich mich nicht mehr so genau an einzelne erinnern.

RE: Bei welchen Vereinen haben Sie sonst noch gespielt?

Breitling: Bei der Caissa Rastatt habe ich am 5. Brett gespielt. Das war in der Oberliga, der damals höchsten deutschen Klasse. Das war in der Zeit von 1960 bis ca. 1970. Danach warb mich Bühl ab. Das war sehr praktisch, denn dort vergötterten mich die Schachspieler und ich wurde so immer freigehalten! Leider löste sich der Verein mangels Spiellokal 1978 auf. Danach setzte ich eine Weile aus.

RE: Und wie kamen Sie zur Rochade?

Breitling: 1981 bat mich Herr Kühl doch für die Rochade zu spielen. Gerne nahm ich das Angebot an, obwohl mir Meister Kühl schon als erstes entgegnete: "An finanzielle oder andere Zuwendungen wäre nicht zu denken, weil wir ein armer Verein sind!" (Anm. d. Red.: Wie sich die Zeiten doch ändern). Trotzdem gefiel mir der Gedanke bei der Rochade zu spielen, insbesondere weil mir Herr Kühl noch aus der Rastatter Zeit sehr sympathisch war. Die Rochade wusste schon, dass sie mit Kühl den richtigen Unterhändler geschickt hatte.

RE: Was gefällt Ihnen am besten bei der Rochade?

Breitling: Ich finde die Atmosphäre ausgezeichnet. Zwischen alt und jung herrscht ein herzliches Verhältnis. Obwohl die Jugend in der Mehrzahl ist, wirkt sich das für Ältere nicht negativ aus!

RE: Missfällt Ihnen etwas?

Breitling: Eigentlich nicht, nur dass Kuppenheim soweit wegliegt von Baden-Baden und ich so selten ins Training kommen kann.

RE: Wie lauten die Prognosen für die laufende Saison?

Breitling: Ich rechne damit, dass die "Erste" Meister wird (Anm. d. Red.: Schon erledigt!) und die Reserve vielleicht doch noch aufsteigt.

RE: Wie lange werden Sie der Rochade noch erhalten bleiben?

Breitling: Oh, das hängt von meiner Gesundheit ab. Solange ich gesund bleibe, spiele ich!

RE: Also das Kuppenheimer Schach darf mit Ihnen noch ein Weilchen rechnen?

Breitling: Ja, natürlich.

RE: Danke. Dann bis zum nächsten Interview zum 1OO.Geburtstag!

   Abschließend noch eine Partie unseres Altmeisters. Sie ist brandaktuell und stammt aus dem letzten Spiel der Bezirksklasse:











Breitling - Mueller
Bezirksklasse 1989

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 b5 6.Lb3 Le7 7.Te1 0-0 8.c3 d6 9.h3 Bisher war alles noch Theorie. Heinz Breitling kennt sich eben aus. 9...Lb7 9..Sa5 oder 9..Le6 werden an dieser Stelle empfohlen. 10.d4 exd4 11.cxd4 Sd7 12.Sbd2 Lf6 13.Sf1 Tc8?! 14.Sg3 Die für das Spanisch typische Springermanöver drohen abgeschlossen zu werden. Der Springer will nach f5 fliegen. 14...g6 15.Lh6 Lg7?! Es wäre wahrscheinlich klüger gewesen, 15..Te8 zu ziehen. Jetzt sind die schwarzen Felder im schwarzen Lager geschwächt. 16.Lxg7 Kxg7 17.Dd2 Df6 18.Tac1 Tfe8 19.Ld5 Sd8 20.Lxb7 Sxb7 21.Tc6! Sb8 22.e5! Das war die Idee von 21.Tc6. Der Bauernvorstoß sollte durchgesetzt werden. 22...Dd8 23.Tc2 c5 24.dxc5 dxc5 25.Df4 Tc7 26.Se4 Sd7 27.Sf6! Te6 28.Td2 h6? Verliert den Überblick. 29.Ted1 Txf6? 30.exf6+ Dxf6? 31.Dxc7 Eine fehlerlose Leistung unseres Spielers, der dafür nur 20 Minuten Bedenkzeit verbrauchte!
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