Axel bei der Badischen |
Rochade Express, Nr. 41, Seite 14f, "Axel bei der Badischen"
Ausrichtungsort der Badischen A-Jugend-Meisterschaft war dieses Jahr Birkenfeld, gegen das wir vor Jahren schon einmal mit unserer Jugendmannschaft gespielt hatten. Hoch motiviert und Dank der Unterstützung durch Schachfreunde wie Christian Bossert und Wolfgang Gerstner und durch Lektüre von Hartmut Metz ging ich gut vorbereitet an das Turnier heran und war nicht wenig überrascht, mit meiner alten Ingo-Zahl von 110 nur auf Platz 8 gesetzt zu werden. Dummerweise hatte ich das ganze Turnier hindurch Halsweh, was meine Kraftreserven in den beiden letzten Runden entscheidend schwächen sollte.
Das Turnier war sehr gut organisiert, was Herrn Hubel und im Außerschachlichen Herrn Wagner zu verdanken war. Für das leibliche Wohl am Mittag und am Abend wurde in einer Gaststätte gesorgt. Ralph Neinger und ich waren bei sehr gastfreundlichen Leuten untergebracht, die uns das ganze Turnier hindurch moralisch unterstützten und mit Eiweiß-Riegeln eindeckten.
In der 1. Runde kam ich gegen den Ingo-Riesen des Turniers und konnte leicht mit meiner neuen Waffe Sizilianisch einen ganzen Punkt verbuchen. In der 2. Runde ging es nun allerdings gleich richtig zur Sache gegen den Ingo-Favoriten des Turniers Sebastian Schmidt-Schäffer vom Zweitbundesligisten Waldshut-Tiengen mit Ingo 81.
Da ich aus vertraulicher Quelle wusste, dass mein Gegner den starken Aufbau des Leningrader Systems bevorzugte, lenkte ich gerne in ein d4-System mit Weiß ein, im Vertrauen in meine Theoriekenntnisse. Obwohl mein Gegner ein mächtiges Läuferpaar besaß, konnte ich eine Unachtsamkeit dessen nutzen und mir durch den Qualitätsgewinn eine Gewinnstellung sichern. In beiderseitig hochgradiger Zeitnot versäumte ich ein geniales Mattnetz zu stricken und musste mich schließlich nach Abbruch der Partie mit der Punkteteilung zufrieden geben.
Wie hätte Weiß am Zug Matt setzen können?
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Aschenberg - Schmidt-Schäffer
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In der 3. Runde kam ich gegen meinen sympathischen Zimmerkollegen Ralph Neininger vom Oberligisten Freiburg, gegen den ich erfolgreich das Leningrader System mit 7..Sc6 anwandte, statt der Modevariante De8.
Zugfolge: 1.d4 f5 2.c4 Sf6 3.g3 g6 4.Lg2 Lg7 5.Sf3 0-0 6.0-0 d6 7.Sc3 Sc6
Nach dieser Eröffnung stand ich anfangs etwas beengt, konnte aber durch genaues positionelles Spiel und auf Grund der Tatsache, dass mein Gegner keinen sinnvollen Plan fand, meine Stellung Schritt für Schritt verbessern, so dass ich meinen minimalen Endspielvorteil verwerten und die passive Spielweise meines Gegners widerlegen konnte.
Mit meinen 2,5 aus 3 lag ich im Gegensatz zur Turnierüberraschung Christian Hauke gut im Rennen, der bis dahin nur einen halben Punkt erreicht und keine praktischen Chancen für den Turniersieg mehr hatte. In der 4. Partie gegen Jacob musste ich vor einem Königsflügelangriff seinerseits auf der Hut sein und verdankte es seiner etwas ungenauen Spielweise, die Partie sicher in den Remishafen lenken zu können, obwohl ich es am Schluss in beiderseitiger Zeitnot versäumte, mir die etwas bessere Ausgangsposition für ein Dame-Turm-Endspiel zu schaffen. Im Großen und Ganzen ging dieses Unentschieden jedoch in Ordnung.
Nach der Donnerstag-Vormittagsrunde erholten sich fast alle vollzählig von den bisherigen Strapazen des Turniers im Albthermalbad in Waldbronn. In der 5. Runde trat tatsächlich mein Wunschergebnis, ein Unentschieden zwischen Jacob und Schmidt-Schäffer, ein und ich musste nur noch alle restlichen Partien gewinnen, um mir einen geteilten 1. Platz zu sichern. In der 5. Runde konnte ich gegen Elmar Schwing (94) vom SV Seelbach mein sizilianisches Positionsspiel erfolgreich demonstrieren. Die Hängepartie am Abend gewann ich recht schnell:
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Schwing - Aschenberg
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In den letzten beiden Runden ging mir im wahrsten Sinne des Wortes die Luft aus. Da half auch der größte Kampfgeist und die Anwesenheit von Wolfgang Gerstner am Freitag nachmittag nichts mehr. Mit 5 Minuten auf der Uhr für die restlichen 15 Züge bis zur Zeitkontrolle und verlorener Position musste ich, trotz des ganzen Punkterfolges von Kontrahent Jacob, das Remisangebot annehmen. Nach der 6. Runde hatte ich eine H-Zahl von 85. Durch einen Sieg in der letzten Runde wäre ich geteilter Erster mit Jacob geworden und ein Unentschieden hätte mir zum 2. Platz gereicht, doch ich wollte immer noch verbissen gewinnen, wich in der Folge der Partie allen Lösungswegen und Ausgleich versprechenden Varianten konsequent aus und ließ mich Matt setzen. Als mein Gastherr, selber ein Hobbyschachspieler, am Samstag morgen kiebitzte und sich von Ralph Neininger aufklären ließ, dass ich auf Verlust stünde, meinte dieser, ob er gegen den Tisch rennen und mit einer Säure die Partieformulare unkenntlich machen sollte. Leider gelang es Ralph, ihn gerade noch rechtzeitig davon abzuhalten! So landete ich schließlich auf dem 3. Platz und musste froh sein, von 4 Spielern mit 4,5 Punkten die zweitbeste Buchholz zu haben. In die Siegerehrung am Nachmittag flossen verschiedene Kulturwerte wie ein Klavierstück von Thomas Hippler aus Königheim und Jazz-Musik von Jugendlichen aus Birkenfeld, die bei dieser Gelegenheit ihr Debüt feierten, ein. Natürlich wurde ich mit einem schönen Pokal und einer Urkunde beglückt. Sinnvollerweise gesellte sich noch eine Ausgabe von Hermann Hesses "Unterm Rad" mit Aquarellen hinzu, welche in der Hesses eigenen und mir geläufigen und sehr sympathischen Sprache, das Anrecht der Jugend auf eine Jugend forderte.