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Matthias Burkhalters Buchrezensionen Juli/August 2000

mehr Buchrezensionen von Matthias Burkhalter


Schachgiganten und Test für Amateure

Stefan Kindermann, Hartmut Metz: Frankfurt Chess Classic '99. Gipfeltreffen der Schachgiganten
Softback 227 S., Schach!! Nettetal 1999, Fr. 34.80

Schicken wir es gleich vorweg: Endlich wieder ein interessantes deutschsprachiges Buch, ein Lesebuch eines kompetenten Grossmeisters und des wohl schreibgewandtesten derzeitigen deutschen Schachjournalisten.

In Frankfurt finden seit 1994 Top-Schach-Events statt, einige sprechen sogar von der Schnellschachweltmeisterschaft. Im Topturnier 1999 spielten Kasparow, Anand, Kramnik und Karpow je vier 25-Minuten-Partien gegeneinander. Der Sieger hiess Kasparow, der Verlierer Karpow. Daneben spielten aber noch andere Topspieler, insgesamt 11 der 14 Elobesten. Im zweiten geschlossenen Turnier siegte allerdings ein Eloloser, Fritz 6, ein Hinterwäldler aus Teutonien. Leko, Topalow und Swidler hatten das Nachsehen, Adams wurde gar Letzter.

Im vorliegenden Band finden wir nun alles um und über das Turnier, die Vorgeschichte, Analysen und Interviews mit fast allen Top-GMs, Klatsch, Tabellen und auch eine völlig nutzlose Ewigenrangliste mit den 950 bisherigen Teilnehmern. Erster ist z.B. Eric Lobron, der an 6 Turnieren 48,5 Punkte erzielte...

Bei all dem positivem Kommentar muss auch auf leichte Schwachseiten hingewiesen werden. Die Fotos sind interessant aber zu schwarz und der Graphiker bzw. Buchgestalter hat seine Ausbildung wohl noch nicht ganz abgeschlossen. Trotzdem, das Buch über das Frankfurter Riesenschachtreffen ist das bisher lesenswerteste des Jahres, der Preis ist günstig.

Mark Dworetski: Theorie und Praxis der Schachpartie. Lektionen von Russlands Spitzentrainer
Softback 232 S, PraxisSchach Band 41, Edition Olms, Zürich 2000, Fr. 39.80

Der vierte und letzte Band der Serie „Die Schule der höchsten Meisterschaft" des sowjetischen Spitzentrainers liegt uns nun in deutscher Übersetzung vor. Im vorliegenden Band finden wir Partien und Fragmente des Autors und seiner bekannten Schüler mit reichen Kommentaren, Zwischenfragen und Übungsaufgaben. Der Band wird ergänzt mit einem Partien- und einem Namensverzeichnis sowie einem Themenverzeichnis, das wohl nicht so leicht zu erstellen war. Stichworte sind „Phantasie und kombinatorischer Blick", „Kandidatenzüge", „Zwischenzüge", „Initiative" usw. Der Inhalt ist in 14 Kapitel gegliedert, die unter anderem auch der Eröffnung ein Schwergewicht einräumen. Es werden aber bloss Schwerpunkte gesetzt, die grundsätzliche Ideen aufzeigen. Variantenbäume findet man – zum Glück – nicht. Dieser vierte Band ist wohl der anspruchsvollste der ganzen Serie und richtet sich an den starken Turnierspieler. Wer die 102 Fragen und 26 Übungsaufgaben mehrheitlich richtig löst, hat Meisterniveau. Druck und Ausstattung sind hervorragend.

Attila Schneider: Schachkaffeehaus. Geöffnet von 2 bis 10 Zügen
Softback 160 S., Caissa, Kecskemet 1999, Fr. 22.80

Der ungarische IM Schneider, der bisher vor allem als Eröffnungspublizist tätig war, hat insgesamt 1888637 Partien nach Miniaturen durchgesehen. Dazu brauchte es allerdings den Computer der 2000 Spiele unter 10 Zügen eruierte! Einige hundert Partien sind für die vorliegende Sammlung übriggeblieben und werden mit Diagrammen und Kommentaren versehen dem verblüfften Leser dargeboten. Der bekannte „Amateur", der schon so manches verbrochen hat, tritt gar nicht so häufig auf. Wir finden in dieser Kaffehausschachsammlung durchaus auch prominente Namen: Reti-Tartakower, Wien 1910: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Sf6 5.Dd3!? e5 6.dxe5 Da5+ 7.Ld2 Dxe5 8.0-0-0 Sxe4?? 9.Dd8+!! Kxd8 10.Lg5++ und das war Lehrmeister Tartakower. Die Lachnummer ist in sieben Kapitel unterteilt, die es durchaus nicht gebraucht hätte. Bei höchstens zehn Zügen ist das einzige Thema: Sieg! Leider fehlt dem unterhaltsamen Bändchen ein Index der beteiligten Spieler. Es existiert auch eine englische Ausgabe.

Laszlo Jakobetz: 10x10 Schachtests. Oder eine Ausstellung der beste Partien der 90er
Softback 309 S., Caissa, Kecskemet 1999, Fr. 29.80

Erster Test: Finden Sie den Schreibfehler im Titel, das gibt schon 10 Punkte. Doch lassen wir die Besserwisserei. Autor Jakobetz ist FIDE-Meister und Fernschach-IM. Er schreibt im Vorwort: „Obwohl Schachtestbücher seit den 60er Jahren in der ganzen Welt bekannt sind..." Da täuscht er sich gewaltig. Euwe und Mühring haben schon in den 50er Jahren „Ich teste mich selbst. Neuartiges systematisches Lehrbuch mit 50 Schachtests" herausgegeben.

Nun zum Inhalt: Anhand von 10 „Wettkampfspielen" ist der geneigte Leser gehalten, die jeweils besten Züge selbst herauszufinden. Dafür gibt es Punkte. Wer 533-560 Punkte erzielt, muss seinen Pass ändern lassen, denn dann heisst er Kasparow. Bei 0-29 Punkten ist man immerhin Anfänger mit weniger als 1300 ELO, bei 168-223 Punkten durchbricht man die 2000-er Grenze. Ein ganz nettes Buch für jene, die solche Spielerein mögen. Die Abdeckerei der Züge ist allerdings nicht ganz leicht zu bewerkstelligen, ich habe in dieser Beziehung schon besseres gesehen. Die deutsche Übersetzung, der Druck und der Einband sind gesamthaft gut. Wie viele Punkte erzielen wohl Sie? Versuchen Sie es!


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