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Matthias Burkhalters Buchrezensionen September 2001

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Graphologie und Schach

Robert Bollschweiler: Die Handschriften grosser Schachmeister. Eine graphologische Studie.
Hardback 168 S., Braumüller, Wien 2001, Fr. 36.-.

Das Thema Schach scheint wirklich unergründlich zu sein. Auf meinem Schreibtisch liegt ein eigenartiges, sehr schön ausgestattetes Buch, das zwei komplexen Fragen nachgeht: Gibt es Schriftmerkmale, die mit dem Schachtalent im Zusammenhang stehen und kann die Handschrift etwas über die typische Spielweise und Vorgehensstrategie eines Spielers aussagen? Ein ganz interessanter Ansatz des Luzerner Graphologen und Diplompsychologen Robert Bollschweiler. Mit Interesse habe ich mich an die Lektüre gemacht, diese jedoch zunächst auf Seite 128 gestartet, weil auf über 100 Seiten vorerst die Lebensgeschichten aller Weltmeister bis und mit Kasparow sowie der drei ungekrönten Schachmeister Staunton, Anderssen und Morphy verzeichnet sind. Eine solche Darstellung ist vielerorts zu finden und scheint uns Schachspielern nicht notwendig zu sein. Das Buch ist jedoch primär für graphologisch Interessierte geschrieben und da bedarf es einiger Information. Die Texte zu den Meistern sind übrigens sehr gut und liebevoll geschrieben. Einige Anekdoten werden zu Teilen der Biographie, doch wo schon nicht. Mit Genugtuung habe ich auch vermerkt, dass die Weltmeister richtig benannt werden: Karpow 1975-1985 und 1993-1999, Kasparow 1985-1993 und PCA-Weltmeister 1993-2000. Den für uns Schachkenner interessante Teil mit Schriftproben der Meister hätte ich mir länger vorstellen können. Die hauptsächlich interessierenden Kommentare sind knapp gehalten. Einige Schriftproben sind zudem sehr kurz (Tal, Kasparow). Kompensiert wird dies durch zusätzliche Autographen von Philiodor, Blackburne, Zukertort, Tschigorin, Tarrasch, Schlechter, Marshall, Rubinstein, Tartakower, Bogoljubow, Flohr, Bronstein, Fine, Keres und Kortschnoi. Unglaublich schön ist die Schrift von Lasker, völlig ausser jeglichem Schema jene von Fischer. Schauen Sie da mal rein, der Graphologe in den Schachteil, der Schächer in die Schriften. Und aufgepasst: Die Auflage beträgt bloss 500 Stück!

Zum Thema vergleiche auch das Kapitel "Portraits dreier Schachmeister mit ihren Biographien und Handschriften" des selben Autors in Kaspar Halder: Psychologica 2000, Edition Redlah, Suhr 2000.

Karl. Die kulturelle Schachzeitung. Schachfreunde Schönecks Schachmagazin.
Jahresabo 4 Ausgaben für 32 DM inkl. Versand

Na was soll denn das, eine Vereinszeitschrift im 18. Jahrgang mit Nummer 02/01 flattert mir auf das Lesepult. Was ist denn da dran? Unglaublich viel und zwar auf höchstem Level. Format A4, 62 Seiten, Glanzpapier, schwarz-grüner Druck, gestochen klar, das ist doch nicht Vereinsstandard?! Ist es auch nicht. Karl versucht den Sprung von der Postille zum bundesweiten Schachjournal. Ein Versuch, dem wir allen nur möglichen Erfolg gönnen würden. Redakteur Harry Schaack, ja er heisst wirklich so, und seine Mitarbeiter nehmen in jeder Nummer ein Schwerpunktthema ins Visier. Diesmal ist es das Tempo. Wir finden fundierte Beiträge von Manfred Mädler, Ernst Strouhal, Lubomir Ftacnik, Ian Rogers und weiterer Autoren zur Zeitnot, zum Blitz, zur Entstehung der Schachuhren. Da ist was dran, nichts ist langweilig, viele Fotos. Macht weiter so, doch ob es gelingen wird, das Feld neben Kaissiber, New in Chess, Chess Quarterly und anderen zu behaupten, kann ich kaum glauben. Weitere Infos unter www.schachbfreunde.de.

Und hier noch eine Besprechung von Gastrezensent Hans Karl:

"Gligoric-Variante" ist der Name des 76 Seiten starken kleinen Büchleins (bebildert, kartoniert, ca.25.- Fr., Herausgeber "sinal & S. Joksic in Belgrad) und geschaffen von den Autoren Svetosar Gligoric und Sinisa Joksic im jetzigen 2001. Die deutsche Übersetzung stammt von dem im letzten Jahr seinen 80. Geburtstag feiernden altbekannten Schachjournalisten Alex Crisovan. Dem Mitautor und Schachjournalisten IM Sinisa Joksic geht es hauptsächlich darum, dem Erfinder GM Svetosar Gligoric (mit Material von ihm), dessen Eröffnungssystem auch unter dem Namen "Mar-Del-Plata-Variante" bekannt wurde (auch GM Miguel Najdorf benützte sie sofort mit Erfolg), Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und für diese geistige Leistung dementsprechend die Urheberschaft bzw. nachträglich die Namensänderung zu beantragen. Vielfach war es üblich geworden, je nach Anlass oder Zufall, dass vielleicht der Name des Erfinders oder Urhebers auch gewählt wurde, aber noch häufiger geschah es, dass um der Bequemlichkeit Willen, der Ort des Turniers in Gebrauch kam. Also eine Art von Missachtung der geistigen Urheberschaft. Dieses kleine Büchlein spannt den Bogen schachgeschichtlich sehr weit von den Fünfzigern bis in die Neunzigerjahre!

Ein persönliches Anliegen: Mein Hobby-Schachantiquariat ist immer noch bei mir. Alle interessieren sich, keiner beisst an. Also etwas mehr Mut bitte! Und hier noch ein Sonderangebot: Alle Informatoren von Nr. 1-63 für je 5 Franken solange vorrätig.


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