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Würgeschlange im "Wohnzimmer"

Weltmeister Kramnik gewinnt zum achten Mal die Dortmunder Schachtage

von FM Hartmut Metz, 7. Juli 2007

 

   Wladimir Kramnik ist bei den Schachtagen in Dortmund kaum zu schlagen. „Er spielte weltmeisterlich“, lobte Otto Borik, Chefredakteur des „Schach-Magazin 64“, den Russen nach seinem achten Sieg. Kramnik lag mit fünf Punkten aus sieben Runden deutlich vor den Verfolgern Jewgeni Alexejew (Russland), Peter Leko (Ungarn) und dem Weltranglistenersten Viswanathan Anand (Indien). Das Trio blieb zwar ebenfalls ungeschlagen, kam jedoch mit jeweils sechs Remis und nur einem Sieg auf lediglich vier Zähler.

 

Wladimir Kramnik im Schach-Interview

Wladimir Kramnik

 

   Der Weltmeister setzte die Konkurrenten mit seiner gewohnten Würgeschlangen-Strategie langsam matt: Mit feinen, unscheinbaren Zügen drückte der 32-Jährige mit den weißen Steinen die Luft aus den gegnerischen Stellungen. Nur Anand verteidigte mit Schwarz ein Unentschieden gegen den Weltranglistenzweiten. Kramnik kommentierte entsprechend zufrieden den achten Erfolg in seinem Dortmunder „Wohnzimmer“: „Nachdem meine Teilnahme wegen einer Angina auf der Kippe stand, hätte ich nicht gedacht, hier so gut abzuschneiden“, gestand Kramnik. Seine Taktik sei mit drei Weiß-Siegen und drei Schwarz-Remis voll aufgegangen, auch wenn er in der Vorschlussrunde gegen Lokalmatador Arkadij Naiditsch „etwas Glück hatte nach meinem Figurenopfer. Er hätte ein Unentschieden retten können“, analysierte der Pariser. Das Weltklasseturnier hat der Russe von 1995 bis 1998, 2000, 2001 und 2006 gewonnen.

 

Arkadij Naiditsch bei der Schach-Analyse

Arkadij Naiditsch (links) bei der Analyse mit Boris Gelfand.

 

  Obwohl Anand etwas Vorsprung in der Weltrangliste auf Kramnik einbüßte, zeigte sich der „Tiger von Madras“ durchaus zufrieden. „Ich habe hier schon viel schlechter abgeschnitten“, äußerte der Spitzenspieler des OSC Baden-Baden. Der 37-Jährige weiß, dass Dortmund das Reich seines schärfsten Rivalen ist. Anand regiert dafür als König in Mainz, wo er bisher beim zweiten hochkarätigen deutschen Wettbewerb im August regelmäßig triumphierte.

   Nachstehend die von Kramnik erwähnte Partie gegen Naiditsch. Der deutsche Meister agierte unglücklich und belegte mit 2:5 Punkten den achten und letzten Platz. Der 21-Jährige hatte bei den Schachtagen wohl nur einen guten Moment: Als er den Vertrag beim OSC Baden-Baden für die kommende Bundesliga-Saison unterschrieb.

 










Kramnik,Wladimir (2772) - Naiditsch,Arkadij (2654) [E04]
35. Dortmunder Schachtage Dortmund GER (6), 30.06.2007

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.g3 d5 4.Lg2 dxc4 5.Sf3 Sc6 6.Da4 Sd7 7.Dxc4 Sb6 8.Db5 a6 9.Dd3 e5 Damit sichert sich Schwarz Ausgleich. 10.Sxe5 Sb4 11.Dd1 Dxd4! Der Trick, um sich wieder den Bauern zu angeln. 12.Dxd4 Sc2+ 13.Kd1 Sxd4 14.Le3 Sf5 15.Lxb6 cxb6 16.Sc3 Lc5 17.e3 0-0 18.Ke2 Te8 19.Sd3 Tb8 20.Thc1 Le6 21.Ld5 [21.Sd5 Lxd5 22.Lxd5 Ld6 wirkt für Weiß besser, reicht aber kaum zu mehr als einer Punkteteilung.] 21...Ld7 [21...Ld6 kommt erneut in Betracht.] 22.Se4 Lf8 23.Tc7 Tbd8 24.Sc3 Sd4+ 25.Kd2 Le6! 26.exd4 [26.Lg2?! Lf5 27.exd4 Txd4 28.Lf1 Lxd3 29.Lxd3 Ted8 30.Kc2 Txd3 31.Td1 Txd1 32.Sxd1 Tb8 führt zu einem minimal schlechteren Endspiel.] 26...Lxd5 27.Sxd5 Txd5 28.Txb7 b5 29.a4!? Ein interessanter Zug des Weltmeisters. Mit diesem Figurenopfer belebt Kramnik nochmals die Stellung. Simples [29.Te1 Ted8 30.Te3 Txd4 31.a3 lässt die Partie ins Remis versanden.] 29...Txd4 30.axb5 Ted8 31.bxa6 Txd3+ 32.Ke1?! [32.Kc2 unterbindet einen schwarzen Trick.] 32...Te8+? [32...T3d4! ist unscheinbar, aber tückisch. Nun scheitert sofortiges 33.a7? an 33...Tb4! 34.Txb4 Lxb4+ und weil dies mit Zwischenschach erfolgt, hat Schwarz danach Zeit zur Blockade und Eroberung des gefährlichen a7-Bauern.] 33.Kf1 Tdd8 34.a7?! [34.b4 ist präziser und verspricht eine bessere Zusammenarbeit der Freibauern. Ein Beispiel: 34...Ta8 35.b5 g6 36.b6 Lc5 37.Ta5 Ld4 38.a7 Kg7 39.Ta4 Lc5 40.Tf4 Tf8 41.Tbxf7+ Txf7 42.Txf7+ Kxf7 43.b7 Txa7 44.b8D ] 34...Ta8 35.b4 Te7 Damit behält Naiditsch die Partie in der Remisbreite. 36.Txe7 Lxe7 37.b5 Lc5? [Mit 37...Ld8 wäre der halbe Punkt endlich in trockenen Tüchern. 38.Ta6 Kf8 Schwarz hat diesen wichtigen Zwischenzug gewonnen. 39.b6 Lxb6 40.Txb6 und weil nun kein Grundlinienmatt mehr droht wie in der Partie, geht schlicht 40...Txa7 ] 38.Tc1 Ld4 Oder gleich [38...Lxa7 ] 39.Tc4 Lxa7 [39...Lb6 40.Tc6 Ld4 41.b6 macht es nur noch schlimmer. 41...Lxb6 42.Txb6 Txa7 43.Tb8# ] 40.Ta4 Tb8 41.Txa7 Kf8 42.Ta5 Das Turmendspiel ist nun leicht für Kramnik gewonnen. 42...Ke7 43.Ke2 Tb6 44.Kd3 Td6+ 45.Kc4 Td2 46.b6 Kd6 47.Tb5 Tc2+ [47...Tc2+ und auf die hoffnungslose Fortsetzung 48.Kd4 Tc8 49.Td5+ Ke7 50.Tc5 Tb8 51.Tc7+ Kd6 52.Txf7 Txb6 53.Txg7 Tb2 54.Ke3 h5 55.h4 Ke6 56.Tg5 mit drei Bauern weniger verzichtete Naiditsch.] 1-0


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