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Nur der Filzmantel passt Aronjan nicht

Armenier steuert auf souveränen Gesamtsieg im Grand Prix zu

von FM Hartmut Metz, 10. Mai 2009

 

So elegant wie Alexandra Kosteniuk im Herbst hat Lewon Aronjan in Naltschik nicht gewirkt: Die Russin bekam im Süden ihres Landes als neue Weltmeisterin eine traditionelle Robe einer Prinzessin übergestreift. Weniger glücklich lugte Aronjan aus dem unförmigen traditionellen weißen Filzmantel, der dem Sieger des vierten Grand-Prix-Turniers übergestreift wurde. Einen kaukasischen Viehtreiber ziert und wärmt derlei sicher mehr als einen Berliner, der später in seinem normalen Anzug wieder deutlich freundlicher dreinblickte.

Aronjan sicherte sich den Sieg erst in der letzten der 13 Runden. Just in dieser traf er auf Peter Leko. Der Ungar lag mit 7,5 Zählern gleichauf, musste aber nach seiner einzigen Niederlage mit Platz zwei vorliebnehmen. Immerhin wurde dieser mit 22 500 Euro dotiert. Dasselbe Endresultat verzeichnete der Armenier Wladimir Akopjan. Dahinter folgten Alexander Grischuk (Russland) und der Franzose Etienne Bacrot (beide 7). Enttäuschend verlief das kurzfristig von Montreux nach Naltschik verlegte Turnier für Wassili Iwantschuk, der mit nur 5,5 Punkten den zwölften der 14 Plätze zierte. Kaum besser dürfte sich sein Noch-Landsmann Sergej Karjakin (6) gefühlt haben. Der jüngste Großmeister aller Zeiten, der mit zwölf Jahren und sieben Monaten den höchsten Titel eroberte, will künftig für Russland ans Brett gehen. In der Ukraine fühlt sich Karjakin nicht genügend gefördert.

Sieger Aronjan kassierte außer dem voluminösen Mantel, der weit über die Schultern reicht, 30 000 Euro Preisgeld - und 180 Punkte für die Gesamtwertung des Grand Prix. Damit liegt der 26-Jährige zwar noch 3,33 Zähler hinter Teimour Radjabow (Aserbaidschan) und Grischuk, aber der Armenier hat im Gegensatz zu den beiden Führenden erst zwei Turniere gespielt. Angesichts seiner Idealpunktzahl von 360 muss Aronjan lediglich noch ein passables Ergebnis in den beiden verbleibenden Wettbewerben erzielen, um sich für das WM-Kandidaten-Finale zu qualifizieren. Angesichts seiner meist soliden Spielweise dürfte das kein Problem sein.

Nachstehend die entscheidende Schlussrundenpartie.











Aronjan,L (2754) - Leko,P (2751) [E55]
4. FIDE-Grand-Prix Naltschik RUS, 29.04.2009

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4 4.e3 0-0 5.Ld3 d5 6.Sf3 c5 7.0-0 dxc4 [ Häufiger gespielt wird 7...Sc6 ] 8.Lxc4 Sbd7 Die Fortsetzung findet sich aber auch noch in vierstelliger Zahl in Datenbanken! 9.De2 b6 10.Td1 cxd4 11.exd4 Lxc3 Der Zug hat eigentlich noch Zeit. Öfter auf der Tagesordnung steht [ 11...Lb7 ] 12.bxc3 Lb7 13.Lb3 Dc7 14.c4 Tfe8N Der erste neue Zug. In den Vorläuferpartien besetzte der Turm stets die d-Linie. 15.Lb2 Df4 In einem Interview auf www.Chesspro.ru befand Leko, dass er danach leicht besser stehe. Das Urteil teilen Schachprogramme nicht, die Weiß minimal den Vorzug geben. 16.De3 Df5 17.Se1!? [ Mit 17.Dg5 würde "Weiß auf ein Remis spielen", erklärte Aronjan später.] 17...b5 18.c5 Sd5 19.Dg3 Sf4 20.Td2 Sf6 21.f3 S6h5 22.Df2 Ld5 23.Lc2 Dg5 24.Kh1 Lc4?! Der Läufer sollte auf der langen Diagonale bleiben, in der schließlich auch der weiße König steht. 25.g3! Das hatte Leko nicht bedacht. 25...Sg6?! Der nächste Fehler schließt sich wie so oft an. [ 25...Sd5 wirkt natürlicher, auch wenn der Rappe dem Läufer die Rückkehr nach d5 unmöglich macht.] 26.Sg2! Ld5 27.Se3 Sf6 28.h4! Weiß drängt den Gegner weiter zurück, nachdem sich seine Figuren zunächst ausgebreitet hatten. 28...Dh5 29.Sxd5 Sxd5 [ 29...Dxd5 kommt in die Auswahl, um die Dame aus dem Abseits zu befreien.] 30.Te1+/- Nun steht Aronjan klar besser. Leko dämmerte nach eigener Aussage langsam, dass ihm die Partie zu entgleiten droht. 30...Ted8 31.Tde2 Tab8 32.Lc1 h6 33.Kg2 Sc3? Alles andere, nur nicht das. 34.Te5! Das hatte Leko sicher nicht gewürdigt. [ Bei 34.Td2 wäre hingegen alles in Ordnung für ihn.] 34...Sxe5 35.Txe5?! [ Noch stärker ist 35.dxe5! , das g4 mit Damenfang droht: 35...f5 ( 35...g5 36.hxg5 hxg5 rettet die Dame nicht wegen des nun möglichen 37.Th1 ) 36.exf6 gxf6 37.De3 Sd5 38.Dxe6+ Kg7 39.g4! Dxh4 40.Df5 und die offene Königsstellung wird Schwarz zum Verhängnis.] 35...f5[] 36.Lb3 Sd5 37.Txe6 Kh8?! [ 37...a5 reicht auch nicht. 38.a3 a4 39.La2 Df7 40.Te5 Kh8 41.Lxd5 Txd5 42.Da2 Td7 43.Dxf7 Txf7 44.c6 und die verbundenen weißen Bauern sind zu stark.] 38.De1 Sf6 39.De5 Te8 40.c6+- Die Freibauern versprechen Weiß den Sieg. Schwarz mangelt es an Gegenspiel. 40...Tbc8 41.Dxb5 Dg6 42.h5!? Ein Zug eines Praktikers. Um nach Turmtausch auf e6 Tricks mit Sh5 und Druck gegen g3 zu verhindern, zwingt Aronjan Lekos Dame zurück nach h5. Dafür gibt er gerne den unbedeutenden h-Bauern. Es gewinnt allerdings auch das direkte [ 42.Lf4 Txe6 43.Lxe6 Sh5 44.Lxc8 Sxf4+ 45.Kh2 Sh5 46.Db8 De8 und nun sichert allein 47.Kh3!+- den Erfolg - solch eine Variante ist selbst für Asse wie Aronjan schwer zu berechnen.] 42...Dxh5 43.Lf4 a6 44.Dxa6 Sh7 [ 44...Ta8 bereitet dem Anziehenden kein Kopfzerbrechen: 45.Db7 Txe6 46.Lxe6 De8 47.Dxa8! Dxa8 48.c7 Sd7 49.Lxd7 Dxa2+ 50.Kh3 ] 45.c7 Sg5 46.Txe8+ Dxe8 47.d5 Ta8 48.Dc4 Kh7 49.d6 De1 50.Df1 Umgeht alle Fallstricke mit Sh3, auch wenn diese nicht wirklich zu fürchten sind. 50...De8 51.Dd3 Dd7 52.Dc4 De8 53.Lxg5 hxg5 Diagramm 54.Dg8+! Ein hübscher Schlusszug. Nach [ 54.Dg8+ Dxg8 55.Lxg8+ Kxg8 56.d7 gehen die Bauern zur Dame.] 1-0



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