"Hexer von Riga" zaubert vergeblich für UralRussische Schach-Meisterschaften stecken in der Krise: Zahlreiche Absagenvon FM Hartmut Metz, 24. Mai 2009 |
Russland bleibt die stärkste Schach-Nation. Aber die Dominanz der früheren Sowjetunion - ähnlich der Überlegenheit von China im Tischtennis - ist passee. Das zeigte sich auch bei der russischen Mannschaftsmeisterschaft, die in "Pokal" umgetauft wurde. Zwar fand der hochkarätige Wettbewerb zum sechsten Mal in der Nähe der Schwarzmeer-Metropole Sotschi statt, aber der Rest war weniger von Konstanz geprägt. Mehrere Teams sagten ihre Teilnahme ab, so dass nur jeweils acht statt zwölf Mannschaften im Kurort Dagomys meldeten - und ein Frauen-Quartett zog auch noch zusätzlich einen Tag vor dem ersten Zug den Wettbewerb zurück. Weil zudem Sponsoren die versprochenen Gagen erst später oder gar nicht zahlen wollten, verabschiedeten sich Asse wie der bei Ural aufgestellte Teimour Radjabow (Aserbaidschan) unverrichteter Dinge.
Trotz der Krise boten die verbleibenden Großmeister das gewohnt hohe russische Schach-Niveau. Nach sieben Runden nahm Tomsk-400 mit 11:3 Punkten erneut den Titel mit nach Sibirien. SM-64 aus Moskau, Topfavorit Ural und Ekonomist Saratow wiesen zwar mit 24,5, 24 und 23,5 mehr oder gleich viele Brettpunkte aus 42 Partien auf wie Tomsk - doch mit jeweils nur 9:5 Zählern hatten sie ihre Siege weniger günstig verteilt als der Titelverteidiger. Bei den Damen behielt Spartak Vidnoe dank 18 gegenüber 17 Brettpunkten (bei jeweils 11:3 Mannschaftszählern) die Oberhand über AVS Krasnoturinsk. Zu den erfolgreichsten Akteuren zählten zwei Baden-Badener Bundesligaspieler, weil man im Schach problemlos in mehreren Ländern spielen kann: Der 17-jährige Italiener Fabiano Caruana holte für den Vizemeister, dessen Team vom Moskauer Schachbund und der "Betriebsmannschaft" der Zeitschrift "64" zusammengestellt wurde, 5:1 Punkte. Nicht ganz so erfolgreich agierte Alexej Schirow. "Der Hexer von Riga" verbuchte jedoch dank mehrerer fantastischer Partien (von denen demnächst noch eine in der Schachspalte vorgestellt wird) ebenso exzellente 5:2 Punkte. Sein Klub Ural musste sich mit Platz drei bescheiden - immerhin qualifizierte sich der Favorit damit noch gerade für den Europapokal. Dort dürfte Schirow erneut für den russischen Titelkandidaten auflaufen und einer der Hauptkonkurrenten des deutschen Meisters OSG Baden-Baden sein.
Im Match zwischen Champion Tomsk-400 und Schlusslicht Tschigorin-Klub St. Petersburg, das alle Begegnungen verlor, schloss Artjom Timofejew sein Duell an Brett zwei gegen Jewgeni Lewin sehenswert ab.