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Fischers Nachlass teuer versteigert

Amerikanischer Schachförderer blättert 61000 Dollar für Sammlung hin

von FM Hartmut Metz, 28. Juni 2009

 

Bobby Fischer bleibt in aller Munde. Nachrichten über den schillerndsten Spieler der Schach-Geschichte elektrisieren die Fans auch noch 17 Monate nach seinem Tod mit 64. Touristen pilgern an sein Grab auf Island, zwei Filme über das Leben der US-Legende sind in Arbeit.

Für Aufsehen sorgte jetzt Fischers Nachlass. Zum einen meldete der isländische Sender RUV Erbstreitigkeiten. Alexander und Nikolas Targ zweifeln die Rechtmäßigkeit der Ehe ihres Onkels mit Miyoko Watai an. Die Japanerin hatte Fischer in ihrer Heimat geholfen, als sich der Amerikaner vor den US-Behörden versteckte. Wie die Söhne von Fischers Schwester Joan die Klage vor Gericht begründen, bleibt mehr im Dunkeln als die Gründe dafür: der schnöde Mammon. Umgerechnet rund zwei Millionen Euro sollen noch auf Schweizer Konten schlummern. Fischer hatte 2006 juristische Mittel im Streit mit der UBS eingesetzt, weil die Bank ihm kündigen wollte. Der Löwenanteil des Geldes stammt von Fischers umstrittenem Revanchekampf gegen Boris Spasski 1992. 20 Jahre nach dem legendären WM-Match in Reykjavik, als Schach die Welt elektrisiert hatte, fanden sich während des Jugoslawien-Kriegs aus Propaganda-Gründen dort leicht Sponsoren für ein millionenschweres Match.

Die zweite Nachricht bezüglich des Fischer-Nachlasses hängt ebenso ursächlich mit dem Duell in Sveti Stefan zusammen, bei dem Spasski erneut chancenlos unterlag: Weil das Schachgenie damit das US-Wirtschaftsembargo gebrochen und auf ein Warnschreiben der Regierung vor laufenden Kameras gespuckt hatte, wurde Fischers Bibliothek konfisziert. Sie enthielt nur Schachbücher, bis auf eines - das von Fischer selbst verfasste "Ich wurde im Gefängnis von Pasadena gepeinigt", mit dem sich der abgetretene Weltmeister über seine Behandlung nach einer Festnahme beklagt. Im Versteigerungskatalog heißt es über die Sammlung, die Nummer 3372 erlaube "einen faszinierenden Blick in Fischers absolute Einseitigkeit auf dem Weg zum größten Schachspieler auf dem Globus und dem Ziel, Boris Spasski zu schlagen".

Das New Yorker Auktionshaus Bonhams and Butterfield erhielt dafür 61 000 Dollar (rund 44 000 Euro). Der Zuschlag ging an Rex and Jeanne Sinquefield. Das Rentner-Ehepaar gründete 2007 in St. Louis ein Schulschach-Projekt sowie im Vorjahr den vornehmen St. Louis Chess Club und organisierte heuer die US-Meisterschaft. Für die beträchtliche Summe bekam der ehemalige Investmentbanker 400 Periodika und 320 Bücher aus den Jahren 1889 bis 1992. Viele stammen aus dem ehemaligen Ostblock, zehn zieren Widmungen der Autoren. Sein Nachfolger als Weltmeister, Anatoli Karpow, hatte Fischer zudem offenbar das Buch "Ausgewählte Zweikämpfe von 1966 bis 1977" aus dem Jahre 1978 mit seiner Unterschrift geschenkt.

Zu den wertvollsten Stücken gehören Notizen Fischers und vor allem Manuskripte für sein berühmtes Werk "Meine 60 denkwürdigen Partien". Erste angedachte Titel waren laut den Unterlagen "Meine denkwürdigen Partien: 52 Turnierpartien" und "Mein Schachleben". Dazu gesellen sich 19 Ringbücher mit den Zweikampf-Ergebnissen von Spasski, Mark Taimanow und Tigran Petrosjan, die der Vorbereitung auf die WM dienten. "Ich bin hin und weg, die Sammlung des wohl größten Schachspielers aller Zeiten in Händen zu halten", bekannte Rex Sinquefield. Der Pensionär will erst einmal alles sichten und erwägt dann, die historisch wertvolle Sammlung den Schülern seines Projekts zugänglich zu machen.

Vor einem halben Jahrhundert trumpfte das 16-jährige Wunderkind beim Turnier in Mar del Plata auf. In Argentinien wurde Fischer 1959 geteilter Dritter und schlug Ruben Shocron. Die Partie ging mit dem einprägsamen Wortspiel "Shockin' Shocron" in sein Hauptwerk "Meine 60 denkwürdigen Partien" ein. Nachstehend die sehenswerte Schlusskombination.











Fischer,R - Shocron,R
Mar del Plata Mar del Plata, 30.03.1959

39.Txe6! Dc8 Vertraut auf die Fesselung des Turms. [ 39...fxe6 verliert dagegen bald: 40.Dxe6+ Kf8 41.Dxe5+- und der offene König ist den weißen Figuren ausgeliefert - ganz zu schweigen davon, dass Fischer alle schwarzen Bauern mühelos einsammeln könnte.] Doch Fischer war natürlich gewappnet gegen den Konter und hatte eine geistreiche Entgegnung parat. 40.Ld7! [ 40.Ld7! Schwarz gab auf, weil 40...Dxd7 41.Txg6+ hxg6 42.Dxd7 die Dame kostet.] 1-0



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