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Der unglückliche Weltmeister wird 75

Boris Spasski verlor "Kampf der Systeme" gegen Bobby Fischer

von FM Hartmut Metz, 28. Januar 2012

 

Die unglücklichsten Jahre meines Lebens waren die als Weltmeister", soll Boris Spasski in mehreren Interviews verbreitet haben. Insofern muss er froh gewesen sein, "nur" drei Jahre auf dem höchsten Schach-Thron gesessen zu haben. Als Begründung für die überraschende Antwort nannte der Russe die mit dem Titel "verbundene Verantwortung". Die habe ihn zu sehr belastet - und dass das keine bloße Koketterie eines genialen Großmeisters ist, belegt die Zeit nach 1972: Kaum hatte Spasski beim "Match des Jahrhunderts" und der Systeme gegen Bobby Fischer mit 8,5:12,5 den Kürzeren gezogen, sah sich der Ex-Weltmeister Repressalien in der UdSSR ausgesetzt. Die Sowjets warfen ihm vor, sich in ihrem Nationalsport ungenügend gegen den Einzelkämpfer aus den USA vorbereitet zu haben. Der UdSSR-Meister von 1973 verabschiedete sich drei Jahre danach gen Frankreich. Dort heiratete der gebürtige St. Petersburger zum dritten Mal und spielte noch eine ganze Zeit für seine neue Heimat. Am Montag feiert Spasski seinen 75. Geburtstag. Weil der Jubilar stets mehr ein Lebemann war als der nimmermüde Schachverrückte Viktor Kortschnoi, spielt er bereits seit einem Jahrzehnt lediglich noch gelegentlich Schaukämpfe. Dank seines millionenschweren Revanchekampfs 1992 in Jugoslawien hatte Spasski ausgesorgt. Das Resultat von 12,5:17,5 gegen seinen Freund Fischer war dabei nur Nebensache. Nostalgiker freuten sich vor allem über das kurzzeitige Comeback des Amerikaners.

Während seine sieben Jahre jüngere Schwester Iraida Spasskaja viermal sowjetische Meisterin im Damespiel wurde, brillierte Boris ab 1955 international. In Antwerpen wurde der angehende Journalistik-Student im August Juniorenweltmeister, einen Monat später auch Großmeister. "Wenn Sie in dem Tempo weitermachen, wird es bald unmöglich sein, mit Ihnen Schach zu spielen", ulkte Folke Rogard, der Präsident des Schach-Weltverbandes FIDE, nachdem sich Spasski auch beim Interzonenturnier in Göteborg für den WM-Kandidatenzyklus qualifiziert hatte. Bis er 1969 Weltmeister wurde und seine "unglücklichste Zeit" anbrach, vergingen aber noch 14 Jahre.

Mit Deutschland verbindet der Jubilar viele schöne Erfolge: So gewann Spasski 1980 das Großmeister-Turnier in Baden-Baden und feierte mit Solingen mehrere Meister-Titel und Europapokalsiege.

1970 bei der Schach-Olympiade in Siegen erhielt der Weltmeister die Goldmedaille für das beste Ergebnis am ersten Brett. Wie schlug er in der folgenden Stellung den Griechen Lazaros Vizantiadis?











Vizantiadis,L - Spasski,B [D20]
Olympiade Siegen Siegen, 10.09.1970

1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.Sc3 e5 4.d5 a6 5.a4 Sf6 6.Lg5 Sbd7 7.e4 h6 8.Lxf6 Sxf6 9.Lxc4 Lb4 10.Dc2 0-0 11.Sf3 Ld6 12.0-0 Sh5 13.Se2 Lg4 14.Sd2 Dg5 15.Sg3 Sf4 16.Sb3 h5 17.f3 Ld7 18.Kh1 g6 19.Tg1 f5 20.Se2 fxe4 21.Sxf4 Txf4 22.fxe4 Taf8 23.Dc1 Kg7 24.Le2 De7 25.Sd2 c6 26.Lc4 Tf2 27.Sf3 T8xf3! [ 27...T8xf3! 28.gxf3 Txh2+! 29.Kxh2 Dh4+ 30.Kg2 Lh3+ 31.Kh2 Lf1# ] 0-1



Eine seiner schönsten Kombinationen gelang Spasski 1988 gegen Gilles Andruet im Bundesliga-Match zwischen Solingen und Koblenz.











Andruet,G (2450) - Spasski,B (2565) [E11]
Bundesliga Germany, 1988

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 Lb4+ 4.Ld2 Lxd2+ 5.Dxd2 d5 6.Sc3 0-0 7.e3 De7 8.Tc1 Td8 9.Dc2 Sbd7 10.cxd5 exd5 11.Ld3 Sf8 12.0-0 Sg6 13.Se2 c6 14.Sg3 Te8 15.Dc5 Dd8 16.Sd2 Sh4 17.b4 a6 18.a4 Ld7 19.Tb1 Sg4 20.Dc2 g6 21.b5 axb5 22.axb5 h5 23.bxc6 bxc6 24.Tfe1 Df6 25.Sdf1 Ta3 26.Te2 c5! Bereitet eine geniale Kombination vor, von der Andruet nichts ahnt. 27.dxc5 Se5! Der Zug gewinnt - was ein Normalsterblicher noch nicht erkennt - eine Figur! 28.Lb5 Das einzige Rettungsfeld für den Läufer. [ 28.Td2 Sef3+ 29.Kh1 ( 29.gxf3 Dxf3 mit folgendem Matt.) 29...Sxd2 30.Dxd2 Lh3 31.De2 Lxg2+ 32.Kg1 bereitet dem Anziehenden auch keine Freude mehr.] 28...Df3 0-1



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