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Aronjan feiert ersten "Wimbledon"-Sieg

Armenier deklassiert Konkurrenz im holländischen Wijk aan Zee

von FM Hartmut Metz, 11. Februar 2012

 

"In Wijk aan Zee zu gewinnen, halte ich für etwas Besonderes", unterstrich Lewon Aronjan nach seinem Erfolg in dem niederländischen Küstenörtchen und erhob das Turnier zum "Wimbledon des Schachsports". Die letzte Stufe zum "Wimbledon"-Sieg erklomm der Armenier leichten Fußes: Kontrahent Teimour Radjabow bot selbst gerne eine Zugwiederholung an, "weil ich mit dem Remis ungeschlagen blieb" - und Aronjan hatte noch weniger Gründe, dieser auszuweichen. Der einzige hätte darin bestanden, die Partie auch zu gewinnen und somit in der Weltrangliste Magnus Carlsen zu überflügeln.

Doch das interessierte Aronjan nicht im Geringsten. Lieber sicherte der 29-Jährige Platz eins mit 9:4 Punkten ab und lag uneinholbar in Front. Der Norweger Carlsen, der Aseri Radjabow und Fabiano Caruana (Italien) folgten mit einem Zähler Rückstand. Rang fünf und sechs teilten sich Wassili Iwantschuk (Ukraine) und Hikaru Nakamura (USA/beide 7,5:5,5). Der bulgarische Ex-Weltmeister Wesselin Topalow enttäuschte genauso mit einer Bilanz von 5:8 wie der nächste WM-Herausforderer, der Israeli Boris Gelfand. Weltmeister Viswanathan Anand blieb in Wijk aan Zee bereits fern, um sich auf die Titelverteidigung in knapp einem Vierteljahr vorzubereiten. Vermutlich wird es auch seine letzte Chance sein, denn die nächste Generation um Aronjan und Carlsen scheint inzwischen stärker als der Inder. In der kommenden Weltrangliste findet sich Anand auf Platz vier hinter Carlsen, Aronjan und dem Russen Wladimir Kramnik.

Lokalmatador Anish Giri reiste in Wijk aan Zee mit der Empfehlung eines Sieges im italienischen Reggio Emilia an. Diesmal ließ der 17-Jährige jedoch Federn und belegte mit nur 4,5 Punkten den letzten Platz. Dass ihm noch einiges zur Klasse von Aronjan fehlt, bewies dieser im direkten Duell: In der zehnten Runde führte der Berliner Giri regelrecht vor mit einem brillanten positionellen Qualitätsopfer.











Giri,A (2714) - Aronjan,L (2805) [D37]
74. A-Turnier Wijk aan Zee, 25.01.2012

1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Le7 4.Sf3 Sf6 5.Lf4 0-0 6.e3 Sbd7 7.Le2 dxc4 8.0-0 Sb6!? 9.Dc2N Ein neuer Zug. [ 9.Se5 oder; 9.e4 liegen eher auf der Hand, um entweder den Bauern auf c4 zurückzuerobern oder Raum im Zentrum zu gewinnen.] 9...Sh5 10.Le5 f6 11.Sg5!? Eine originelle Fortsetzung, die die Finger auf die offenen Wunden - den Springer auf h5 und die potenzielle Schwäche h7 - legt. Schwarz hat deshalb bei seiner Antwort keine Wahl. 11...fxg5 12.Lxh5 Ld7 Die Bauernstruktur des Nachziehenden ist zersplittert, dafür besitzt Aronjan den Bauern auf c4 mehr. 13.Lf3?! Der Zug sieht gut und normal aus. Computerprogramme bevorzugen diesen ebenso - doch die Antwort von Schwarz ist stark! 13...Txf3! Das Qualitätsopfer beschert Giri zwar materiellen Vorteil, aber der weißfeldrige Läufer des Gegners wird nun zur Macht. Gepaart mit der gefährdeteren Königsstellung verheißt dies langfristig wenig Gutes für ihn. 14.gxf3 Ld6© [ Erst 14...Lc6 ist minimal präziser.] 15.De4 Lc6 16.Dg4 De7 17.Lxd6 cxd6 18.Se4 h6 19.Dg3 d5 Der Zug verstellt den Weg des Läufers samt Blick nach g3 - doch die Figur findet rasch ein anderes Betätigungsfeld. 20.Sc3 Tf8 21.Se2 Tf5 22.Kg2 Sd7 23.Th1 Sf8! 24.h4? Der Bauernaufzug schwächt die Stellung weiter und bereitet Giri nur Kopfzerbrechen. Danach steht er positionell wie materiell auf verlorenem Posten. 24...Sg6-+ 25.f4 Sxh4+ 26.Kf1 Db4 27.Tb1 Le8?! [ 27...La4 mit der drohenden Überführung des Läufers auf d3 oder e4 beziehungsweise; 27...Dd2 28.fxg5 hxg5 29.Db8+ Kh7 30.Th3 Es drohte Dxe3. 30...La4 31.Te1 Dxb2 32.Dxa7 Lc2 sind unersprießlich für den Anziehenden.] 28.Sc3 De7 29.b4 Tf8 30.Tb2 Lg6 [ 30...a5 31.a3 ( 31.bxa5 Da3 32.Tc2 Lg6 ) 31...axb4 32.axb4 Sf5 33.Dh2 g4 34.Ke1 h5 paralysiert die weiße Stellung ebenso.] 31.Ke1 Ld3 32.fxg5 Sf3+ 33.Kd1 hxg5 34.Dh3 Df6 35.Kc1 Lg6 36.a4 Td8! 37.Se2 e5 Die Öffnung knackt die Position. Anschließend fallen alle schwarzen Figuren über den König her. 38.Dg4 exd4 39.exd4 Te8 40.Dd7 c3 41.Ta2 Se1!! Der schönste wie stärkste Zug. 42.Txe1 [ 42.Th3 g4! Lenkt die Dame von d5 ab. 43.Dxg4 ( 43.Dxd5+ Lf7 44.Dh1 gxh3 45.Dxe1 Lxa2 ) 43...Sd3+ 44.Txd3 Lxd3 45.Sxc3 Te1+ 46.Kb2 Lc4 47.Dc8+ Kf7 48.Dxb7+ Te7 rettet nichts.] 42...Df4+!! Die Krönung! Wegen des auf der Grundlinie festgenagelten Königs darf Giri die Dame nicht nehmen. 43.Kd1 [ 43.Sxf4 Txe1# ] 43...De4 Die vernichtenden Schachs auf b1 und d3 kann Weiß nur noch unter großen Opfern parieren. Deshalb gab er auf. 0-1



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