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Ärger über Brief

Kramnik schlägt Mitunterzeichner Kasparow in genialer Manier

von Hartmut Metz, 12. Mai 2001

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   Die Erregung war groß: Die Erzrivalen Garri Kasparow und Anatoli Karpow taten sich zusammen und unterschrieben mit ihrem Nachfolger auf dem WM-Thron , Wladimir Kramnik, einen offenen Brief. Darin brachten sie ihre Sorge über die verkürzten Bedenkzeit zum Ausdruck, die der Weltverband Fide im Alleingang beschlossen hatte. „Der Verband sollte die 100 stärksten Spieler fragen, um deren Meinung zu erfahren", plädierte Kramnik für ein Mitspracherecht der Profis.

   Die meisten Großmeister fürchten ebenfalls Qualitätseinbußen bei der geplanten Bedenkzeit von 75 Minuten für die ganze Partie, wobei sich pro ausgeführten Zug weitere 30 Sekunden hinzugesellten. Womit das Trio aber die anderen Berufsspieler auf die Palme trieben, war auch nicht die Kritik am WM-Modus. „Dabei sehe ich die meisten Spieler ebenfalls hinter uns", äußerte Kramnik gegenüber dem BT. Die Provokation war hingegen die Signatur des Schreibens, die vom 12., 13. und 14. Weltmeister kündete.

   Das mochten sich insbesondere Alexander Chalifman (Russland) und Viswanathan Anand (Indien) nicht gefallen lassen, sehen sie sich doch nach ihren Siegen bei den vergangenen zwei K.o.-Weltmeisterschaften als zumindest 14. und 16. Champion. Nur einer bleibt gelassen: Kramnik. „Alles halb so wild", wähnt er die beiden Briefe gar nicht so weit auseinander. Wichtig sei nur, dass man geschlossen gegen die Bedenkzeitverkürzung vorgehe.

   Der Moskauer sieht dabei durchaus auch eine Berechtigung für Schnellschach-Wettbewerbe. Aber bitte neben den bisherigen Turnierpartien mit zwei Stunden für 40 Züge und danach mindestens eine weitere Stunde. Bei den Chess Classic, die Ende Juni von Frankfurt nach Mainz wechseln, spielt Kramnik im „Duell der Weltmeister" zehn Partien gegen Anand. Dass sich der Vorjahressieger warm anziehen muss, demonstrierte der 25-Jährige beim Geburtstagsturnier für Viktor Kortschnoi. Während der 70-jährige Altmeister im Viertelfinale mit 0,5:1,5 gegen Kasparow unterlag, verlor der 13. Weltmeister in Zürich gegen seinen Angstgegner im Finale mit demselben Resultat. Kramnik spielte dabei eine geniale zweite Schnellschach- Partie.









Stellung nach:

W: Kramnik S: Kasparow

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.Sc3 dxc4 5.e3 a6 6.Lxc4 b5 7.Ld3 c5 8.a4 b4 9.Se4 Sbd7 10.Sxf6+ Sxf6 11.0-0 Lb7 12.dxc5 Lxc5 13.De2 Dd5 14.Td1 Dh5 15.h3 Td8 16.Sd4 Dd5 17.Sf3 Ke7?! Kasparow hätte sich wohl besser zeigen lassen, ob Weiß nach der Zugwiederholung Dh5 mit einem Remis einverstanden gewesen wäre. Der Königszug ist zu ambitioniert. 18.e4!? Ein interessantes Bauernopfer, das Angriffschancen eröffnet. 18...Sxe4 19.Le3 Lxe3 20.Dxe3 Dc5 21.De1! Sf6 22.Tac1 Db6 23.Se5 Td4? Schwarz ist in Schwierigkeiten, weil der h-Turm nur schwer ins Spiel kommt und der König unsicher steht. Sd5 scheint deutlich besser. 24.Lxa6!? „Nur der zweitbeste Zug", betonte Kramnik und verwies auf 24.Sc4!, das leichter gewinnt. Damit erzwingt Weiß Txc4 (Dc5? 25.Se3! nebst Sf5+!). 25...Txd1 25.Txd1 Lxa6 26.Dxb4+! Die Pointe! 26...Dxb4 27.Sc6+ Kf8 Als fatal erweist sich Ke8?? 28.Td8 matt. 28.Td8+! Se8 29.Sxb4 Weiß hat zwar immer noch eine Figur weniger, aber da die schwarzen Steine außer dem Läufer aus dem Spiel bleiben, entscheiden die Freibauern am Damenflügel rasch. 29...Le2?! 30.f3! h5?! Wie schon im Zug zuvor leistet Lc4 mehr Widerstand. 31.b3 Fängt den Läufer. 31...Th6 32.Kf2 Tg6 33.Kxe2 Txg2+ 34.Kd3 Tg3 35.a5 Txf3+ 36.Kc4 1:0. Die Bauern sind nicht mehr aufzuhalten.

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