Ich war eigentlich nur darauf
bedacht, meinen Weltranglistenplatz zu konsolidieren", bekannte Viktor
Kortschnoi. Der 70-Jährige fiel im Juli mit 2 617 Elo-Punkten auf Rang
69 zurück. Damit bleibt der Schweizer zwar mit weitem Abstand der beste
Senior rund um den Globus - aber Viktor den Schrecklichen" stellt das
natürlich nicht zufrieden. Objektiv betrachtet durfte sich der dreimalige
Vizeweltmeister beim Topturnier in Biel, das mit einem Durchschnitt der sechs
Teilnehmern von 2 648 Elo die Kategorie 17 aufwies, nicht einmal 50 Prozent
der Punkte erhoffen.
Viktor Kortschnoi, der rüstige Schach-Opa, hält mit der
heutigen Jugend noch sehr gut mit
Doch Objektivität ist ohnehin
Kortschnois Sache nicht. Entsprechend kampfeslüstern zog der Wohlener
in die Schlacht - und gewann den Wettbewerb sensationell mit 6:4 Punkten.
Der neue Baden-Ooser Spitzenspieler Peter Swidler hielt noch am ehesten Schritt
und belegte mit einem halben Zähler dahinter Platz zwei. Dritter wurde
Boris Gelfand (5) vor den punktgleichen Yannick Pelletier, Joel Lautier und
Alexander Grischuk (alle 4,5). Den 53 Jahre jüngeren WM-Halbfinalisten
wies Kortschnoi souverän in die Schranken. Nachstehend die Partie, in
der der Opa des Schachs einem seiner Enkel eine Lektion erteilt.
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W: Kortschnoi S: Grischuk
1.d4
d5
2.c4
e6
3.Sf3
c6
4.e3
f5
5.Ld3
Sf6
6.0-0
Ld6
7.b3
De7
8.Lb2
b6
9.Dc1
Lb7
10.La3 Die unangenehmste
Fortsetzung für Schwarz. Weiß tauscht die schwarzfeldrigen
Läufer, so dass dem Nachziehenden wenige aktive Pläne zur
Verfügung stehen. Kortschnoi verfügt danach über ein kleines,
aber dauerhaftes Plus.
10...Sbd7?! Eine
kleine Ungenauigkeit. Eventuell steht der Springer später besser auf
c6, weshalb sich Schwarz diese Option offen halten sollte und besser die
kleine Rochade spielt. In Betracht kommt laut Ruslan Scherbakow, der die
Partie in der täglich erscheinenden Internet-Zeitschrift Chess
Today" kommentierte, auch Lxa3. Das Endspiel sei etwas schlechter, aber haltbar
für Schwarz.
11.cxd5!
cxd5
12.Lxd6
Dxd6
13.Sc3
a6
14.Db2 Wegen des
durch die eigenen Bauern eingesperrten Läufers und der Schwäche
des Feldes e5, steht Kortschnoi
überlegen. 14...0-0
15.b4
Tac8
16.a4
Se4
17.Se2
De7
18.Tfc1
Sd6
19.b5! Damit
schnürt der Anziehende den feindlichen Läufer ein. Außerdem
kann Grischuk danach nicht mit b5 einen Springer auf c4
etablieren. 19...a5
20.Da3
Txc1+
[20...e5!?
21.dxe5
Sxe5 ist eine interessante
Idee, um die Umklammerung zu lösen.]
21.Txc1
Tc8
22.Txc8+
Sxc8
23.Dc3
Dd6
24.Sf4
Se7
25.h4! Über
den Umweg e8 könnte der schwarze Läufer mühsam nach h5 gelangen
und dort belebt werden - aber auch das schließt Kortschnoi konsequent
mit den nächsten Zügen aus.
25...Sf8
26.h5
Lc8
27.Se5
Ld7
28.f3
Le8
29.g4 Überdeckt
h5 und verhindert den Ausbruch des Läufers, der eine zentrale Rolle
in der weißen Strategie
spielt. 29...g5?!
Mit g6 konnte Grischuk versuchen, den Bauernwall des Gegners aufzubrechen.
Nun sieht es ganz schlecht für ihn aus.
30.Se2
Sd7
31.Kg2
h6
32.Sg3
fxg4
33.fxg4
Sxe5
34.dxe5
Dc5 Auf den ersten
Blick scheint die schwarze Dame das Brett zu dominieren. Jedoch mangelt es
ihr an Unterstützung durch die beiden Leichtfiguren. Weder der Springer
noch der Läufer gelangen vernünftig ins Spiel.
35.Dd2
Dc7
36.Db2
Kg7
37.Se2
Kg8
38.Kf2
Lf7
39.Dd4
Kg7
40.Dc3
Db8
[40...Dc5 ist jetzt ein
Fehler, weil Kortschnoi diesmal abtauschen würde:
41.Dxc5
bxc5
42.b6
Sc6
43.b7
c4
44.Sd4!
Sb8
45.Lc2
Kf8
46.e4 und das Zentrum
wird aufgeknackt.]
41.Sd4
Dd8
42.Ke2
Lg8
43.Lb1
Kh8
44.Da3
Sc8
45.Lg6
Kg7
46.Lb1
Kh8
47.Dc1
Se7?! Das verliert
sofort, indes verspricht
47...Sa7
48.Df1
Kg7
49.Sc6
Sxc6
50.bxc6
Lf7
51.Df6+
Dxf6
52.exf6+
Kxf6
53.c7 auch keine Rettung
mehr. 48.Df1!
Sc8
49.Sc6 Nach
49...Dd7
50.Df8 ist h6 nicht mehr
zu überdecken. Eine starke Leistung von Kortschnoi! 1:0 |
Vier Großmeister aus den
Top 25 saßen in Biel am Brett, Kortschnoi war lediglich die Nummer
fünf der Setzliste - und siegte trotzdem. Ich werde weiter Schach
spielen, so lange ich den Jungen meine Stärke beweisen kann", drohte
der Ausnahmekönner und sieht seine Karriere noch lange nicht am Ende,
warum soll ich nicht sogar bis 80 spielen?" Und mit 90 stellt
er den Antrag, in Jugendturnieren mitspielen zu dürfen", scherzte ein
Journalist, nachdem Kortschnoi einmal mehr Schach-Geschichte geschrieben
hatte.