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Deep Fritz bringt immer ein Bein dazwischen

Schach-Weltmeister Kramnik muss bei 2:3-Rückstand 500.000 Dollar abschreiben

Text und Foto von FM Hartmut Metz, Dezember 2006

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Wladimir Kramnik

Wladimir Kramnik

 

   Wladimir Kramnik ist mit tosendem Beifall von seinen Fans verabschiedet worden. Vielleicht ein kleiner Trost für die bereits verlorenen 500.000 US-Dollar in der Bonner Kunst- und Ausstellungshalle. Genauso wie das Lob des mehrfachen Weltmeisterschaftskandidaten Artur Jussupow: „Kramnik zeigte eine großartige Leistung“, befand der deutsche Nationalspieler. Gelangt hat es freilich wieder nicht für den Schach-Weltmeister. Das Programm „Deep Fritz“ verteidigte sich zäh und führt vor der letzten Partie im Duell „Mensch gegen Maschine“ mit 3:2. Nur durch einen Gesamtsieg hätte Kramnik seine Antrittsbörse von 500.000 auf eine Million Dollar verdoppeln können.

   Den Ausgleich würde der 31-Jährige zwar noch gerne schaffen, aber auf Teufel komm raus will er heute (15 Uhr) mit dem Nachteil der schwarzen Steine nicht attackieren. „Ich werde eine normale Partie spielen“, kündigte der Russe an. Schachlichen Selbstmord auf dem Brett möchte er indes vermeiden. „Es ist enorm schwierig, gegen Fritz zu gewinnen – womöglich ergibt sich aber wie im zweiten Durchgang die Gelegenheit dazu“, hofft Kramnik. Ausgerechnet diese beste Chance hatte der Moskauer verpatzt und wie ein Anfänger ein einzügiges Matt übersehen.

   Zynisch betrachtet hat der Weltmeister seit der einzigen entschiedenen Partie vor acht Tagen gehörig dazugelernt: In der aufregenden fünften Begegnung drohte Deep Fritz am Schluss ein Matt in zwei Zügen mit seinen beiden Türmen und dem verbliebenen Springer. In der brandgefährlichen Situation zog Kramnik seinen König scheinbar noch tiefer in die Gefahrenzone hinein. Daraufhin brütete das Rechenmonster 19 Minuten lang. Rund 11 Milliarden Züge zuckten in dieser Zeitspanne durch das Elektronenhirn. Kramnik saß derweil eher gelangweilt hinter seiner dezimierten Figurenreihe, griff ab und an zu seiner Tasse und nippte daran. Das unausweichliche Ende nach 35 Zügen hatte er schon lange erwartet. Dann lenkte auch Deep Fritz ein und wiederholte mit einem Springerschach die Stellung dreimal, was zum Unentschieden führte.

   Zuvor hatte Kramnik in der Eröffnungsphase einiges riskiert, um mit Weiß doch noch den Gleichstand zu erzwingen. Der Computer reagierte allerdings so, wie es sich für eine Ansammlung von Drähten und Platinen geziemt: ohne Nerven, furchtlos, einfach kaltblütig. Die Bemühungen des Borussia-Dortmund-Fans aus Russland erinnerten an einen Fußballstürmer, der das gegnerische Tor dauernd belagert. Indes agierte das Programm auf alle „Torschüsse“ wie eine Defensiv-Abteilung, die immer noch ein Verteidiger-Bein dazwischenbringt. „Kramnik versuchte alles Menschenmögliche“, zeigte sich Kommentator Jussupow beeindruckt und sieht „das Remis positiv. In der offenen Stellung hatte Deep Fritz Vorteile, weil es problemlos zehn Züge vorausrechnet“. Mit einem Augenzwinkern ergänzte Kramnik: „Die Partie war dann wohl für beide Seiten gefährlich.“

 










Kramnik,V (2750) - DEEP FRITZ [E51]
Mensch - Maschine Bonn (5), 03.12.2006

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.Sc3 Lb4 5.e3 0-0 6.a3 Lxc3+ 7.bxc3 c5 8.Lb2 Sc6 9.Tc1 Te8 10.Ld3 dxc4 11.Lxc4 e5 12.dxe5 Dxd1+ 13.Txd1 Sxe5 14.Sxe5 Txe5 15.Le2 Ld7 16.c4 Te7 17.h4 Se4 18.h5 La4 19.Td3 b5 20.cxb5 Lxb5 21.Td1 Lxe2 22.Kxe2 Tb8 23.La1 f5 24.Td5 Tb3 25.Txf5 Txa3 26.Tb1 Te8 27.Tf4 Ta2+ 28.Ke1 h6 29.Tg4 g5 30.hxg6 Sxf2 31.Th4 Tf8 32.Kf1 Sh3+ 33.Ke1 Sf2 34.Kf1 Sh3+ 35.Ke1 1/2-1/2

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