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Schachtraining für Fortgeschrittene

Die Widerlegung einer Eröffnungsvariante

von Robert Miklos

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   Jahrelang habe ich meine Zeit verschwendet, diverse Eröffnungen zu studieren und sie kamen nie aufs Brett, zumindest nicht so, wie ich sie mir angeschaut hatte.

   Die Endspiele, die man studiert, kommen sowieso nie vor, dafür ist die Wahrscheinlichkeit einfach zu gering: Wenn die Gegner schon nach dem siebten Zug abweichen, was kann man dann im 56. Zug erwarten? Wohl nur eine noch nie dagewesene Stellung, in der zu allem Übel die üblichen Stratageme völlig verkehrt sind. Und dann ist man bestimmt auch noch in Zeitnot, so dass die Zeit für das richtige Durchrechnen einfach fehlt.

   Gegen Pirc ist meiner Meinung nach nur der Dreibauern-Angriff mit d4, e4, f4 richtig! Wieso? Einfach weil die Anzahl der Varianten, die für Schwarz schlecht sind, viel größer ist als die der einigermaßen günstigen Varianten. Deshalb sind die Versuche, z.B. auf den schlechten schwarzfeldrigen Läufer von Schwarz zu spielen, lächerlich. Korrekt? Natürlich, berechtigt auch, aber lächerlich. Außerdem macht es sehr viel mehr Spaß, mit Fritz  auf einem schnellen Rechner die schlechten Varianten im Handumdrehen zu widerlegen. Je mehr minderwertige Varianten in einer Eröffnung vorkommen, umso schlechter muss sie sein.

   Schon früh gelang es mir - mit Hilfe von Fritz, damals in der Version 3, sämtliche Varianten einer Eröffnungsvariante als schlecht zu brandmarken. Es handelt sich dabei - leider - um eine seltener angewandte Eröffnung. Wie könnte es auch sein, schließlich wird sie einfach widerlegt. Aber manchmal wird sie doch gespielt, vor allem im Blitz: Das schwarze Läuferfianchetto mit 3...f5. Man sieht schon am Namen, der in höchstem Maße deskriptiv ausgefallen ist, dass es keine beliebte Variante ist. Mag sein, dass ein kreativer Schachspieler dafür einen Namen gefunden hat, mir ist er leider nicht bekannt. Ich könnte statt "Schwarzes Läuferfianchetto mit 3...f5" genausogut die Anfangszüge angeben, viel länger wäre es nicht, dafür aber viel genauer, da Weiß verschiedene Aufstellungen wählen kann, die Widerlegung aber nur bei einer ganz bestimmten - zum Glück aber ziemlich natürlichen - Aufstellung der weißen Steine funktioniert: 1.e4 b6 2.d4 Lb7 3.Ld3 f5 Und da der letzte schwarze Zug widerlegt ist, heißt die Eröffnung eigentlich 1.e4 b6 2.d4 Lb7 3.Ld3 f5??.

   In verschiedenen Datenbanken finden sich einige Partien dazu. Manchmal hat Weiß aber so viel Respekt, dass er zu Zügen wie 4.f3 oder 4.Sc3 greift. Alles nur aus Angst vor dem furchtbaren weißfeldrigen schwarzen Läufer, der nach g2 und h1 schielt.

 










Damenfianchetto 3...f5 - Die Widerlegung

 
1.e4 b6 2.d4 Lb7 3.Ld3 f5?? 4.exf5!
Mutig sein! Vorsichtige Züge sind hier schlechter, wurden aber auch schon gespielt: [4.f3 ; 4.Sc3 ] 4...Lxg2 5.Dh5+ g6 6.fxg6 Lg7! Auch wenn man eine schlechte Variante spielt sollte man es dem Gegner nicht zu einfach machen: [6...Sf6?? 7.gxh7+ Sxh5 8.Lg6# ] 7.gxh7+ Kf8 8.Sf3!! die Widerlegung! 8...Sf6 [8...Lxf3?! 9.Dxf3+ Sf6 10.Tg1!! Die Dame nach a8 zu schicken wäre schlecht, auch wenn sie einen Turm mitnähme. 10...d5 (10...Sc6 11.Dg2 und Schwarz könnte ruhig aufgeben: 11...Txh7 12.Lxh7 Lh8 ) 11.Dg2 Ke8 12.Lf5! Dd6 (12...Lf8?? 13.Dg6# ) 13.Dg6+ Kd8 14.Dxg7 mit Gewinn; 8...Lxh1? zu gierig, Schwarz ist verloren: 9.Se5 De8 (9...Lxe5 10.dxe5 Ld5 11.Lh6+ Sxh6 12.Dxh6+ Kf7 13.Lg6+ Ke6 14.f4 ) 10.hxg8D+ Txg8 11.Sg6+ Kf7 12.Df5+ Lf6 13.Se5+ Kf8 14.Lh6+ ] 9.Dg6 Lxf3 [9...Lxh1? Das Wichtigste in der f5-Variante ist, dass Schwarz paradoxerweise (er spielt ja eigentlich darauf) den h1-Turm nie nehmen darf, sonst verliert er schnell. 10.Lh6 Txh7 11.Sg5 und wieder aus] 10.Tg1 Txh7 11.Dg3 Le4 [11...Lg4 12.Lxh7 Sc6 13.c3 ] 12.Lxe4 Sxe4 13.Df3+ Kg8 [13...Sf6 14.Dxa8 d5 15.Sc3 ] 14.Dxe4 d5 [14...Sc6 15.d5 Sa5 16.Lf4 mit schönem weißen Spiel] 15.De6+ Kh8 16.Sc3 und Weiß steht deutlich besser.

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