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Hast' noch einen?

Routine


Rochade Express, Nr. 65, Seite 8f, "Hast' noch einen?"
von Reinald Kloska

   Gutmütig wie ich nun einmal bin, nahm ich neulich, an einem Donnerstag, die weite Reise von Lichtenau nach Kuppenheim auf mich, nur um bei ein paar Blitzspielchen meiner Leidenschaft zu frönen. Doch bevor ich mir einen äußerst schwachen Gegner griff - ich gewinne nämlich sehr gerne, obwohl böse Zungen dies abstreiten - wurde ich aus meinen Glücksträumen gerissen. Wie ich oben bereits erwähnte, bin ich gutmütig. Gewiss, auch viele andere Leute sind gutmütig, doch leider gibt es auch andere Zeitgenossen, die ein ausgesprochen hartes Gemüt besitzen. Einer dieser hartmütigen schaffte es doch tatsächlich, mich meiner Träumereien zu berauben. Unvermittelt trafen mich die Worte von rechts: "He, Reinald, hast Du nicht vielleicht noch den ein oder anderen Artikel für die nächste Ausgabe?"

   Es ist schon erstaunlich, wie weise Eltern ihre Söhne nennen. Menschen mit einem harten Gemüt erheischen den Namen Hartmut. Neben diesem unverschämten Satz legte er zudem sein Durchschnittsgesicht in die Waagschale, was mir keinerlei Ausflüchte gewährte. Drei Monate und 17 Tage gelang es mir nun mit der Ausrede, ich würde es im nächsten Heft bringen, diesen noch offenen Artikel zu verschweigen. Aber an diesem Abend war es vorbei, der Artikel muss her. Seit geraumen 14 Tagen sitze ich nun da und brüte und brüte. Was soll ich schreiben? Zudem muss mir etwas Gutes einfallen, um Toni nicht zu verprellen, denn er, als Hauptfigur, erwartet diesen mit Hochspannung. Gut, fangen wir an:

   Es war eine heiße und stürmische Nacht. Plötzlich fällt ein Schuss. Die Sirenen heulen Alarm und das Hallenbad ist leer. Jacky Bruce hastet von der Brücke, die ihm sein Zahnarzt implantiert hat. Ein rotes Krokodil verschlingt das Feld h4. Gähnende Leere erfließt sich in der Amazonas. Der Kakadu schreit: "So 'n Scheiss!"

   Recht hat er, das war noch nichts. Ich sollte anders beginnen, am besten von vorne mit der ersten Runde. Leider aber ist in dieser ersten Runde alles derart normal, dass es schon einiger wortgewaltiger Dümmeleien benötigt, um dero zwei Zeilen zu füllen. Kurz gesagt, die Favoriten setzten sich durch. Halt, einen habe ich doch, und der darf nicht unerwähnt bleiben. Markus Hirn gelang es dank seiner hervorragenden Theoriekenntnisse, Freilos zu besiegen. Allerdings ist auch Freilos ein Genie, denn auf Markus Antwortzug 1..c6 (auf 1.e4) gab Freilos selbstverständlich die Partie auf, was hätte er sonst auch machen sollen?

   In Runde zwei wurde es erstmals interessant. Weder Jochen Klumpp noch mir gelang es, unsere Gegner niederzuhalten. Toni Stückl und Kai Götzmann wehrten sich, ohne auch nur einmal gefragt zu haben, ob sie das dürfen - Remis in beiden Partien. Ebenfalls remisiert wurde zwischen Michael Waschek und Ralf Ehret. Hartmut Metz zeigte sich wie so oft hartmütig und verließ im ersten Zug die Theorie gegen Markus, der somit zum (Theorie-)Hai ohne Zähne degradiert wurde. Westermann schlug Westermann (für Außerirdische: Frank schlug Ralf) und Frank Mohrlock hielt in einer aufsehenerregenden Partie das Freilos nieder.

   Die dritte Runde barg eine Sensation! Na ja, eine kleine Sensation, ... oder ..., eigentlich war doch nichts Weltbewegendes los, reine Normalität. Aber sehen wir uns dennoch diese Stellung an. Die weißen Farben vertrat Hartmut, ich selbst schmückte mich mit den Anthrazittönen. Leise summend erwartete ich den folgenden, von mir geplanten Patzer Hartmuts.











Metz - Kloska
Vereinsmeisterschaft 1994

Tatsächlich führte er diesen auch nichtsahnend aus: 19.f5? Ohne Umschweife konnte ich nun loslegen: 19...Sgxe5 Hartmuts Blicke sprachen Bände. 20.De3 Ohne aufzugeben. 20...Sc6 21.Tf4 e5 22.dxe5 d4 23.f6 Sxf6 [ Obwohl 23...Dc5! sofort gewinnt.] 24.Df2 Dxe5 und Remis! 1/2-1/2



   Ein jeder, der das Wort "Schach" zügig und ohne zu stottern aus dem Duden vorlesen kann, wird sich nun fragen: "Wieso remis?" Er hat recht, ein gänzlich unnötiges Remis, ein verschenkter halber Punkt. Glatt gewonnen für Schwarzl Ja, das wusste ich auch, doch es reichte mir einfach. Ich wusste, ich kann Hartmut schlagen, wenn er will. Mein Ehrgeiz war mit Erreichen der Stellung befriedigt. Die Schlussstellung ist übrigens digital über meiner Kloschüssel eingerahmt.

   Des Weiteren ergab sich in dieser Runde, dass Jochen gegen Kai, Toni gegen Frank W., Michael gegen Frank M. und Ralf W. (allerdings glücklich, da kampflos) gegen Freilos gewann. Ralf E. und Markus einigten sich in einer Theorievariante des Königsgambits nach 137 Zügen auf Remis (Quelle unbekannt).

   Von der dritten Runde beflügelt, spielte ich gegen Jochen auf Remis. Es gelang ihm jedoch das Gleichgewicht zu stören und eine Null einzufahren. Es verloren ebenfalls: Markus gegen Kai, Frank W. gegen Michael und, wie schon so oft, Freilos gegen Ralf E. Remis spielten Ralf W. gegen Frank M., Remis vereinbarten Toni und Hartmut.

   Die Schlussrunde entschied nun über die Vergabe der Treppchenplätze. Und das meines Erachtens zu schnell, denn Toni ließ mir keine Chance und fuhr nach einer knappen Stunde den vollen Punkt ein. Da es Hartmut nur gelang, gegen Jochen Remis zu vereinbaren, stand Toni als Vereinsmeister 1994 fest (4 Punkte). Herzlichen Glückwunsch! Den zweiten Rang vereinbarte Hartmut (3,5 Punkte, 14,5 B) mit dem Turnierleiter, knapp vor dem punktgleichen Kai (3,5 Punkte, 12,5). Undankbarer Vierter wurde Jochen (3 Punkte, 17,0), Fünfter ich (3 Punkte, 15,5) und Sechster Ralf E. (3 Punkte, 9,5). Es folgten: Michael (2,5), Markus (2,5), Frank W. (2), Frank M. (1,5), Ralf W. (1,5) und Freilos, dem es trotz einiger Möglichkeiten nicht gelang, sich entscheidend durchzusetzen.


REO - Routine