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Drachentöter erteilt "Carlsen vom Schach" bittere Lektion

Inder Anand gewinnt in Mainz zum neunten Mal in Folge die Schnellschach-WM

Von FM Hartmut Metz, 4. August 2008

 

Weltmeister Viswanathan Anand hat Nachwuchsstar Magnus Carlsen bittere Lektionen erteilt. Bei der Schnellschach-WM in Mainz führte der Weltranglistenerste den 17-jährigen Norweger regelrecht vor. Der "Tiger von Madras" ließ erst von seinem jungen Opfer ab, als sein elfter Sieg und der neunte in Folge bei den Chess Classic feststand. In der dritten Partie beschied sich Anand in einer aussichtsreichen Position mit einem Remis. Anschließend einigten sich der Schach-König und sein Kronprinz auf eine schnelle weitere Punkteteilung zum 3:1-Endstand.

In der Vorrunde hatte Carlsen dem Weltmeister zweimal Paroli bieten können. So qualifizierte sich das Wunderkind mit 3,5:2,5 Punkten knapp hinter Anand (4:2), aber vor dem Weltranglistenzweiten Alexander Morosewitsch (3:3) für das Endspiel. Der Russe setzte sich im Spiel um Platz drei glücklich mit 2,5:1,5 gegen Judit Polgar durch. Die weltbeste Großmeistern vergab schon in der Vorrunde, die die Ungarin mit 1,5:4,5 Zählern abgeschlossen hatte, zu viele Chancen.

Beim Final-Auftakt am Sonntagabend mag Carlsen die in der Rheingoldhalle besonders gepflegte Schachvariante Chess960 herbeigesehnt haben. Dabei wird die Figurenstellung unter 960 Positionen ausgelost, um die ausufernde Eröffnungstheorie zu vermeiden. Derlei hätte dem 17-Jährigen ein Eröffnungs-Debakel erspart. "Es ist schön, wenn du eine Idee entdeckst, die den Gegner niederstreckt", sagte Anand dem indischen Fernsehen. Der Weltmeister hatte eine Partie des Norwegers unter die Lupe genommen, die dieser vier Tage zuvor in Biel gegen Leinier Dominguez ausgefochten hatte. Die Spielweise des Kubaners gegen den so genannten "Drachen" in der Sizilianischen Verteidigung verbesserte Anand mit einem neuen starken Zug. "Magnus patzte danach gleich, der Rest war einfach", kommentierte der 38-Jährige seinen im stillen Kämmerlein mit dem Computer vorbereiteten Sieg. Auch im zweiten Duell bewies der "Drachentöter" seine Unverwundbarkeit: "Nach dem 2:0 spielte es sich komfortabel", ordnete der Weltmeister die geglückte Generalprobe für die WM-Titelverteidigung im Oktober in Bonn gegen seinen Vorgänger Wladimir Kramnik (Russland) ein.

Der während der Vorrunde sich trotz der nur rund 25 Minuten Bedenkzeit oft gelangweilt im Drehstuhl fläzende Carlsen nahm die Schlappe nach kurzem Jammern vor der Rheingoldhalle gelassen. "Vishy hat verdient gewonnen. Hätte ich die erste Partie nicht so versemmelt, hätte ich es in der zweiten sicher weniger übertrieben mit meinen Gewinnbemühungen", äußerte der Publikumsliebling. Nach dem Marathon mit den beiden Turnieren in Biel und Mainz war der der Weltranglistensechste schon froh, überhaupt das Endspiel erreicht zu haben. "Ich war müde. Mein Ziel bestand deshalb darin, hier zu lernen und mich nicht als kompletter Dummkopf zu präsentieren", erklärte Carlsen und setzte fort, "ich hoffe, ich werde wieder nach Mainz eingeladen, um das nächste Mal zu gewinnen." Umgehend versprach Chess-Classic-Organisator Hans-Walter Schmitt dem Zuschauermagneten den Freiplatz für die Schnellschach-WM im Juli 2009. Der Ziehvater Anands aus Bad Soden baut aber darauf, dass der 38-jährige Inder dann zum zwölften Mal bei den Chess Classic beweist, "dass die alten Wölfe noch beißen". Mit dem 17-jährigen Russen Jan Nepominachtschi, der das Ordix Open gewann, qualifizierte sich am Sonntag ein weiteres Supertalent für die Schnellschach-WM.

Anand-Carlsen
Klare Sache für den Weltmeister: Viswanathan Anand (rechts) ließ Magnus Carlsen im Finale keine Chance

Anand-Carlsen


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