Millionen von Menschen hat Bobby Fischer für Schach begeistert. Sein WM-Sieg von 1972 im "Match des Jahrhunderts" über den Russen Boris Spasski löste einen Boom aus. Plötzlich wollten Legionen rund um den Globus dieses faszinierende Denkspiel auch verstehen und drängten in die Schachklubs oder gründeten gar neue in jedem Kaff. Vergangenen Montag wurde Bobby Fischer im kleinen Kreis eingeäschert - nur ein paar wenige Weggefährten standen am Grab des 64-Jährigen. Der legendäre Amerikaner fand rund 60 Kilometer südlich von Reykjavik, der Stätte seines größten Erfolges, die letzte Ruhe auf dem Friedhof der Selfosser Kirche Laugardalur.
Robert James Fischer wurde am 9. März 1943 in Chicago geboren und wuchs in Brooklyn auf. Bereits seine Familienverhältnisse gelten als mysteriös. Seine Mutter Regina arbeitete als Krankenschwester. Als Vater benannte die deutsch-jüdische Emigrantin Hans-Gerhardt Fischer, den sie 1933 in Moskau geheiratet hatte. Von dem Physiker ließ sich Regina Fischer nach zwölfjähriger Ehe scheiden. Laut FBI-Ermittlungen hat sich Hans-Gerhardt Fischer aber nie in den USA aufgehalten und emigrierte 1939 nach Chile. Deshalb hielt das FBI den ungarischen Physiker Paul Neményi, der 1942 in Chicago an der Entwicklung der Atombombe arbeitete, für den tatsächlichen Vater.
Gesicherter sind die Informationen über die ersten Schritte des kleinen Robert auf den 64 Feldern, die nicht sogleich eine alle zerstörende "Atombombe im Schach" erwarten ließ. Seine ältere Schwester Joan hatte ein Schach-Set erworben und gemeinsam studierten sie die darin befindlichen Regeln und Erläuterungen. Das königliche Spiel nahm den Jungen rasch gefangen. Aber erst 1955 machte er gewaltige Fortschritte, weil Bobby Mitglied im damals stärksten Schachklub der USA, in Manhattan, wurde. Die große Bibliothek seines Trainers Jack Collins verschlang der 12-Jährige fortan. Bereits wenige Monate später deutete sich an, dass der hagere Bursche mit dem gewaltigen Appetit ein Wunderkind sein könnte. Bobby, wie ihn Freunde nannten, bezwang nicht nur den renommierten Donald Byrne in New York - das Damenopfer beeindruckte die Experten so gewaltig, dass das Schachmagazin "Chess Review" das Duell zur "Partie des Jahrhunderts" erhob! Fischer hielt sie lange Zeit für die beste seiner Karriere - in sein legendäres Buch "Meine 60 denkwürdigen Partien" nahm er den Sieg allerdings nicht auf.
Obwohl die Begegnung bereits im Vorjahr im Zuge der Vorstellung des Werks von Ex-Weltmeister Garri Kasparow über Fischer in der Meko erschien, nachstehend noch einmal der Verlauf.
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Byrne - Fischer [D97]
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Trainer Collins wandelte danach begeistert ein Zitat ab, das einst auf Komponist Franz Schubert gemünzt war: "Er lernte von Gott selbst!" Und das ging enorm schnell! 1957 gewann der Junge die US Open in Cleveland und qualifizierte sich für die USMeisterschaften 1958 in New York. Auf heimischem Terrain war dem 14-Jährigen nicht beizukommen. Bobby schlug acht Gegner und remisierte nur fünfmal! Mit 10,5:2,5 Punkten hatte sich der Komet nicht nur als Jüngster aller Zeiten den US-Titel gesichert - Fischer qualifizierte sich damit auch als Jüngster für das WM-Interzonenturnier in Portoroz (Jugoslawien). Zu der Vielzahl von Rekorden dürfte ebenso sein Sieg bei der US-Meisterschaft über Samuel Reschewski in der sechsten Runde zählen. Nach lediglich zwölf Zügen stand der Topfavorit aufgabereif.
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Fischer - Reschewski [B35]
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