Fidel Castro antwortet auf erzürnten ProtestZum Tod von Bobby Fischer, Teil III: Per Fernschreiber in Kuba mitgespieltvon FM Hartmut Metz, 10. Februar 2008 |
Der Aufstieg von Bobby Fischer hat sich Anfang der 60er Jahre verlangsamt. Zwar wurde der mit 15 jüngste Großmeister aller Zeiten achtmal in Folge US-Meister - doch der eigenwillige Amerikaner verzettelte sich mit Streitigkeiten abseits des Brettes. Außerdem geriet der im vergangenen Januar verstorbene Fischer in die Fänge einer fundamentalistischen Sekte, der "Weltweiten Kirche Gottes", die sich an jüdische Feiertage und den Sabbat hielt. Deshalb sollte es noch ein Jahrzehnt dauern, bis das Genie nach der Weltmeisterschaft greifen konnte. "Mir scheint, dass sich Fischer auf der Suche nach dem kürzesten Weg für den längeren Weg entschieden hat", kommentierte der Holländer Max Euwe, der 1935 letzter nicht-russischer Weltmeister geworden war.
Den ersten Organisator verprellte Fischer 1961. Der Cellist Gregor Piatigorsky hatte den Zweikampf gegen Samuel Reschewski gesponsert, den das Wunderkind als führenden US-Großmeister abgelöst hatte. Piatigorsky gab am Abend der 12. Partie ein Konzert und wollte deswegen das Duell auf den Morgen verlegen. Doch beim Stand von 5,5:5,5 lehnte Fischer ab: "Wenn Reschewski verliert, ist er wie eine in die Enge getriebene Ratte - und wer kann die schon zum Frühstück ertragen?" Nach der ausfälligen Bemerkung gegenüber seinem Rivalen verlor Fischer die Partie kampflos und brach das Match anschließend ab.
Einen herben Rückschlag bedeutete aber noch mehr das WM-Kandidatenturnier 1962 auf Curaçao. Auf der Insel vor Venezuela belegte er nur den vierten Platz, weil die sowjetischen Teilnehmer mit Ausnahme von Viktor Kortschnoi ihre Kräfte in den direkten Duellen schonten und rasch remisierten. Fischer wütete, und der Schach-Weltverband änderte den Qualifikationsmodus hin zu Zweikämpfen.
Den Zorn des Stars bekam selbst Fidel Castro zu spüren. Der sportbegeisterte kubanische Minister Ramiro Barreras lud den gerade wieder lange pausierenden 22-Jährigen aus Pasadena 1965 zum Capablanca-Gedächtnisturnier ein. Die amerikanischen Behörden verweigerten jedoch ein Visum für die Insel des Klassenfeindes. Fischer beschloss daher, vom Manhattaner Schachklub aus mittels Fernschreiber an dem Turnier in Havanna teilzunehmen! Als die "New York Times" berichtete, Fidel Castro habe dies als "Propaganda-Sieg" bewertet, verfasste Fischer einen "Protest" an den "Maximo Lider". Inhalt: Er werde nur teilnehmen, wenn Castro versichere, kein "politisches Kapital" daraus zu schlagen. Der Kubaner antwortete umgehend und versicherte, er habe sich gegenüber "nordamerikanischen Medien" nicht geäußert und plane dies auch nicht. So spielte Fischer via Fernschreiber mit und belegte mit 15:6 Punkten Platz zwei hinter dem einen halben Zähler besseren sowjetischen Ex-Weltmeister Wassili Smyslow.
Sein Meisterstück legte Bobby Fischer bei der US-Meisterschaft 1963/1964 mit einem Rekordergebnis ab: Er gewann alle elf Partien! Etwas Vergleichbares war zuletzt 1893 geschehen, als Weltmeister Emanuel Lasker beim Turnier in New York alle 13 Partien für sich entschieden hatte. Nach der "Partie des Jahrhunderts", bei der sein jüngerer Bruder Donald 1956 der Leidtragende war, wurde nun in der dritten Runde des Wettbewerbs Ende 1963 der spätere Weltranglistenelfte Robert Byrne zum Opfer.
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Byrne - Fischer
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