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Frauen und Sex? "Schach ist besser"

Zum Tod von Bobby Fischer, Teil IV: Verstorbener Bobby Fischer galt als streitlustiger "Gewerkschafter"

von FM Hartmut Metz, 16. Februar 2008

 

Bei einem Turnier 1960 in Buenos Aires soll Larry Evans seinem jüngeren Großmeister-Kollegen Bobby Fischer eine junge Frau ins Zimmer geschleust haben. Als am nächsten Morgen der im benachbarten Raum logierende Laszlo Szabo zufällig zeitgleich wie der Amerikaner in den Gang trat, muss der Ungar den 17-Jährigen ziemlich neugierig angestarrt haben. Fischer beantwortete den fragenden Blick knapp mit den Worten: "Chess is better!" ("Schach ist besser!")

Der legendäre Satz, den bis heute ganze Heerscharen von Schachspielern mit einem Augenzwinkern zitieren, hielt das Genie aus Pasadena nicht von mehreren längeren Pausen ab. Wenn Fischer etwas gegen den Strich ging, zeigte er sich kompromisslos. Bei internationalen Turnieren trat das vergangenen Monat auf Island verstorbene Genie nur an, wenn es auch ein Sonderhonorar von mindestens 3 000 US-Dollar erhielt. Zudem reizte der Amerikaner die Organisatoren bis aufs Blut, um Verbesserungen der Spielbedingungen zu erreichen. So reiste er von der Schach-Olympiade 1968 in Luzern ab, weil ihm das Licht in der Halle nicht passte. "Fischer ist unsere Gewerkschaft", befand daher einmal der russische Weltmeister Boris Spasski voller Anerkennung.

Wie unnachgiebig der stärkste Großmeister aus dem Westen sein konnte, zeigte sich selbst auf dem Weg zum WM-Titel - lieber ließ ihn Fischer sausen, als seine geradlinige Haltung aufzugeben. Beim Interzonenturnier 1967 in Sousse lag der 24-Jährige mit 6:1 Punkten bereits weit in Front, als er kampflos gegen Aivars Gipslis unterlag. Die Organisatoren wollten nicht auf seinen Terminvorschlag bei der Partie gegen einen weiteren, Russen, Jefim Geller, eingehen. Trotzdem führte Fischer nach elf Runden noch immer klar mit 8,5 Zählern - ehe er dem tunesischen Badeort nach zwei weiteren kampflosen Niederlagen wegen des Geller-Termins endgültig den Rücken kehrte.

Bis März 1970 pausierte Fischer rund zwei Jahre lang. Nutzlos verstrich die Zeit allerdings nicht. So verfasste er zum Beispiel seinen Klassiker "Meine 60 denkwürdigen Partien", das wohl meistverkaufteste Schachbuch aller Zeiten. Als jedoch in Belgrad das "Match des Jahrhunderts" zwischen der UdSSR und dem Rest der Welt anstand, wollte der Sturkopf dabei sein - und zum Erstaunen aller verzichtete der schärfte Rivale der Sowjets sogar auf Brett eins. Bent Larsen hatte dieses für sich reklamiert, weil der Däne während Fischers Abstinenz einige Erfolge gefeiert hatte. Auf Position zwei rechnete sich der Amerikaner gegen Tigran Petrosjan mehr aus als an vorderster Spitze, wo Weltmeister Spasski wartete. Eine richtige Einschätzung: Nicht nur, dass Fischer in der ersten Partie siegte (siehe unten) - danach geschah das Ungeheuerliche, dass der "Eiserne Tigran" eine zweite Partie in Folge verlor! Nach zwei Remis hatte Fischer mit seinem 3:1-Erfolg am meisten zur knappen 19,5:20,5-Niederlage gegen die übermächtige Sowjetunion beigetragen.











Fischer - Petrosjan
UdSSR - Rest der Welt Belgrad, 29.03.1970

1.e4 c6 2.d4 d5 3.exd5 cxd5 4.Ld3 Sc6 5.c3 Sf6 6.Lf4 Lg4 7.Db3 Sa5 8.Da4+ Ld7 9.Dc2 e6 10.Sf3 Db6 11.a4!N Mit der damaligen Neuerung verhinderte Fischer den Abtausch des weißfeldrigen Läufers. 11...Tc8 [ Auf >=11...Sb3 plante Fischer 12.Ta2 Tc8 13.0-0 Le7 und Weiß steht klar besser.; 11...Db3 bringt nichts ein. 12.De2! und nun geht der Bauernraub nach hinten los: 12...Lxa4?? 13.Txa4 Dxa4 14.Lb5++- ] 12.Sbd2 Sc6 13.Db1 Sh5 14.Le3 h6?! [ Bei 14...f5 wollte der Amerikaner mit einem für ihn typischen Bauernzug das Heft in die Hand nehmen: 15.g4! fxg4 16.Sg5 Ld6 17.Lxh7+- ; Petrosjan plädierte daher für 14...g6 ] 15.Se5 Sf6 [ 15...Sxe5 16.dxe5 Lc5 17.a5 Dc7 18.Sf3! gewährt dem Anziehenden etwas Vorteil. Hingegen wäre ( 18.g4!? gefährlicher. 18...Lxe3 19.fxe3 Dxe5 20.gxh5 Dxe3+ 21.Le2 Lb5 22.Dd1 Petrosjan fürchtete nun die Springer-Umgruppierung über f1 nach g3. Weiß besitzt danach tatsächlich leichten Vorteil.) ] 16.h3 Ld6 17.0-0 Kf8? [ Fischer hielt 17...0-0 für angezeigt. So oder so steht Weiß mittlerweile überlegen.] 18.f4 Le8 [ Das verführerische 18...Sxe5? 19.fxe5 Lxe5 scheitert an 20.a5!+- Danach muss die Dame ziehen und die Fesselung des Bauern auf d4 ist aufgehoben, so dass der Läufer auf e5 fällt.] 19.Lf2! Gruppiert den Läufer um, der bald von h4 aus am Spiel teilnimmt. 19...Dc7 [ 19...g6 hätte Fischer als Einladung zu 20.f5! empfunden. ( 20.Lh4!? agiert ruhiger und reicht langfristig sicher auch, um ein Übergewicht zu bekommen.) 20...gxf5 21.Lxf5! exf5 22.Dxf5 Dd8 ( 22...Kg7!? erweist sich als trickreich. Sofortiges 23.Dxc8? ist nun ein Fehler wegen 23...Se7! 24.Da8 Ld7 25.a5 Da6 26.Dxh8+ Kxh8 27.Sxf7+ Kg7 28.Sxd6 Dxd6 29.Lh4 Sf5!-/+ ) 23.Lh4+- ; 19...g6 20.f5 gxf5 21.Lxf5 exf5 22.Dxf5 Kg7 In der Stellung hat der Anziehende jedoch einige unangenehme Zwischenzüge in der Hinterhand: 23.Sec4! dxc4 24.Lh4 Le5 ( 24...Sd5 25.Dxc8 ) 25.Lxf6+ Lxf6 26.Dxf6+ Kg8 27.Tf4 h5 ( 27...Th7 28.Tg4+ Kf8 29.Df5! und beide Türme hängen.) 28.Tf3 Th7 29.Tg3+ Kf8 30.Df5 Dc7 31.Dg5! ( 31.Dxh7 Dxg3 ) 31...Se7 32.Se4 Sg6 33.Tf1 Kg8 ( 33...Dc6 34.Dxg6 ) 34.Sf6+ Kh8 35.Sxh7 Kxh7 36.Dxh5+ Kg8 und Weiß steht auf Gewinn.] 20.Lh4 Sg8 21.f5! Zögert keine Sekunde mit dem Angriff. [ 21.De1 hätten vorsichtigere Naturen noch eingeschaltet, um die Dame zu aktivieren.] 21...Sxe5 22.dxe5 Lxe5 23.fxe6 Lf6 24.exf7 Lxf7 25.Sf3! Lxh4 [ 25...g5 26.Lf2 Kg7 27.Sd4 Se7 28.Sb5 Dd8 29.Lxa7+- ] 26.Sxh4 Sf6 27.Sg6+ Lxg6 28.Lxg6 Ke7! Der Zug hatte es Fischer später angetan. Petrosjan brachte so seinen Turm endlich ins Spiel - die Niederlage wehrte dies freilich nicht ab. 29.Df5 Kd8 30.Tae1 Dc5+ 31.Kh1 Tf8 32.De5! Tc7 [ 32...Dc7? 33.Dxd5+!+- ] 33.b4! Mit zwei starken Bauernzügen bereitet Weiß dem Gegner den Garaus. 33...Dc6 [ 33...Dxc3 34.Dd6+ ] 34.c4! dxc4 [ Wieder verbietet sich das Schlagen wegen 34...Dxc4 35.Dd6+ ] 35.Lf5 Der schwarze Monarch steckt nun in der Zange und hat kein Feld mehr. 35...Tff7 36.Td1+ Tfd7 37.Lxd7 Txd7 [ 37...Sxd7 38.Tf8# ] 38.Db8+ Ke7 [ 38...Dc8 39.Txd7+ Sxd7 40.Dd6 Ke8 41.De6+ Kd8 42.Tf4 c3 43.Tc4+- ] 39.Tde1+ [ 39.Tde1+ Schwarz gab angesichts von 39...Kf7 40.De8# auf.] 1-0



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