Der Schach-Messias kehrt zurückBobby Fischer, Teil VIII: Unheilvolles Spucken auf US-Regierungsschreibenvon FM Hartmut Metz, 20. März 2008 |
Bobby Fischer ist bei seiner Rückkehr nach New York wie ein Nationalheld gefeiert worden. In Reykjavik hatte er 1972 den Kalten Krieg für die USA bei der WM gegen Boris Spasski und die Sowjetunion gewonnen. Durch seinen Aufsehen erregenden Sieg im "Match des Jahrhunderts" hatte der am 17. Januar mit 64 Jahren verstorbene Amerikaner für einen weltweiten Schach-Boom gesorgt - doch tragischerweise profitierte der neue Weltmeister, der am 9. März 65 geworden wäre, nicht selbst davon. Einerseits ehrte dies das Mitglied der Sekte "Weltweite Kirche Gottes". So lehnte er Werbung aus hehren Gründen ab, etwa die für ein Haarwasser, weil er dieses "nicht benutzt". Andererseits wurde der 29-Jährige noch sonderbarer.
Wirkte der mit weitem Abstand in der Weltrangliste Führende vorher schon abseits des Brettes oft unwirsch, bombardierte er nun den Schach-Weltverband FIDE mit immer neuen Ansprüchen. Das WM-Finale gegen den neuen sowjetischen Schach-Stern Anatoli Karpow gedachte er nur austragen, sollte die FIDE 179 Forderungen von ihm erfüllen! Der Verband lehnte ab, Fischer gab daraufhin per Telegramm seinen Titel ab. Doch Karpow wollte das Match, weshalb man sich in Tokio heimlich traf. Obwohl auf den Philippinen drei Millionen US-Dollar für die WM angeboten wurden, lenkte der Amerikaner nicht ein.
Das Leben verlief danach für den streitbaren Kauz unstet. 1977 trat er aus der Sekte, die seine gesamten Ersparnisse verprasste, aus. 1981 wurde Fischer in Pasadena verhaftet, weil er einem Bankräuber ähnelte. Immer wieder gab es Versuche, das Genie zurück ans Brett zu locken. Die angebotenen Gagen wurden wie die Gerüchte immer abenteuerlicher. Und als 1992 wieder einmal das Comeback Fischers die Runde machte, hielten das die meisten für eine weitere Ente.
Doch 20 Jahre nach dem "Match des Jahrhunderts" wurde es wahr! Der zwielichtige Bankier Jedzimir Vasiljevic lockte ihn und den mittlerweile nach Frankreich emigrierten Spasski mit fünf Millionen Dollar Preisgeld in das kriegerische Jugoslawien. Die Schach-Welt jubilierte über die nicht mehr für möglich gehaltene Rückkehr ihres Messias - doch die US-Regierung tobte. Fischer hatte die Sanktionen gegen Rest-Jugoslawien durchbrochen und bekam eine Gefängnisstrafe angedroht. Bei der Pressekonferenz spuckte der 49-Jährige auf das Schreiben der US-Regierung. Die jagte ab da das lange abgetauchte Phantom.
Die erste Partie in Sveti Stefan wirkte wie ein Wunder: Trotz fehlender 20-jähriger Praxis trumpfte Fischer auf, als habe er nie pausiert! Mit starken Zügen und gekonntem Opferspiel ließ der Weltmeister von 1972 Spasski keine Chance.