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Abenteuer mit Karl May und Bobby Fischer

Verleger und Schach-Großmeister Lothar Schmid feiert 80. Geburtstag

von FM Hartmut Metz, 3. Mai 2008

 

Ausgerechnet in seinem 80. Lebensjahr geht es noch einmal turbulent zu. Während das Abenteuer mit der überraschend verstorbenen Schach-Legende Bobby Fischer im Januar ein Ende fand, beschäftigt Lothar Schmid der Abenteuer-Romancier Karl May über seinen 80. Geburtstag am nächsten Samstag hinaus. Der Bamberger ist Verleger des laut seinen Worten "zweifellos erfolgreichsten deutschen Schriftstellers, Goethe und andere Klassiker eingeschlossen". Karl May (1825-1912) wurde nicht nur in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Mit 200 Millionen verkauften Büchern zählt der Schöpfer von Winnetou zu den meist gelesenen Autoren aller Zeiten.

In den vergangenen Wochen haben Schmid und Sachsen das Kriegsbeil ausgegraben. Der Freistaat bot dem Schach-Großmeister 3,5 Millionen Euro für den rund 10 000 Seiten umfassenden Karl-May-Nachlass. Zu wenig, befand der in Dresden geborene Jubilar. "Sachsen hat seine Chancen nicht erkannt", wird Schmid angesichts seiner Forderung von 15 Millionen Euro zitiert. Den Betrag wertet er als Schnäppchen, weil die Sammlung mit zehn Manuskripten, 400 Gedichten und 320 Briefen nach Schätzungen das Doppelte wert sei. Nachverhandlungen sind geplatzt, die Drohung einer privaten Versteigerung steht im Raum. Angesichts der Streiterei wie im Wilden Westen scheint es unwahrscheinlich, dass im Osten Schmid und die sächsische Kunstministerin Eva-Maria Stange die Friedenspfeife rauchen.

Weit erfolgreicher hat der 278fache deutsche Nationalspieler auf den 64 Feldern vermittelt. Immer wenn es schwierig wurde, rief der Schach-Weltverband FIDE seinen "Schiedsrichter des Jahrhunderts" zu Hilfe. Bei den Weltmeisterschaften 1978 zwischen dem in die Schweiz emigrierten Viktor Kortschnoi und dem Sowjet Anatoli Karpow beruhigte Schmid ebenso die Gemüter wie 1986, als zwischen Karpow und Garri Kasparow die Fetzen flogen.

Legendär bleibt jedoch sein Einsatz 1972 in Reykjavik. Ohne den Fernschach-Vizeweltmeister wäre das "Match des Jahrhunderts" zwischen Fischer und Boris Spasski geplatzt. Als der Amerikaner nach der kampflos verlorenen zweiten Partie wieder Mätzchen machte, wurde Schmid rigoros: "Ich packte die beiden Kampfhähne, die etwas größer als ich waren, bei den Schultern, und drückte sie in ihre Sessel. Dann befahl ich: ,Spielt jetzt!' Spasski machte daraufhin automatisch den ersten Zug d4. Nach diesem schwersten Augenblick war das Match gerettet", erzählte der Referee unlängst in Berlin.

Rund 150 Bücher widmeten sich dem legendärsten Schach-Duell aller Zeiten - Schmid hat sie zu Hause alle. Und noch viel mehr. 50 000 Schachwerke machen den Sammler auch in diesem Bereich zu einer Ausnahmeerscheinung.

Gegen die ganz Großen der Zunft konnte sich Schmid selten durchsetzen. Seinen dicksten Fisch angelte er 1965 bei der Mannschafts-Europameisterschaft in Hamburg. In der sechsten Runde schlug der "schöne Lothar" den ehemaligen sowjetischen Weltmeister Michail Botwinnik.











Botwinnik - Schmid
Mannschafts-Europameisterschaft Hamburg, 1965

1.d4 Sf6 2.c4 d6 3.Sc3 e5 4.Sf3 Sc6 5.d5 Se7 6.e4 g6 7.g3 Lg7 8.Lg2 0-0 9.0-0 Sd7 10.Se1 f5 11.Sd3 h6 12.f4 Kh7 13.Ld2 fxe4 14.Sxe4 Sf5 15.Kh1 exf4 16.Sxf4 Se5 17.Tc1 c5 18.b4 b6 19.bxc5 bxc5 20.Se6? Der Zug wirkt zunächst gut, kostet aber letztlich nur einen Bauern. Die dadurch sich öffnende lange Diagonale des Läufers auf g2 bringt nicht den erhofften Vorteil. 20...Lxe6 21.dxe6 De7 22.Sc3 Dxe6! 23.Sd5 [ Vermutlich hatte Botwinnik bei der Vorausberechnung von 20.Se6 übersehen, dass er sich nun nicht auf a8 bedienen kann: 23.Lxa8? bestraft Schmid durch 23...Sxg3+! 24.hxg3 Dh3+ 25.Kg1 Sg4! ( 25...Dxg3+ verliert dagegen nach 26.Lg2 ) 26.De2 Ld4+ und alle schwarzen Figuren beteiligen sich plötzlich am erfolgreichen Mattangriff!] 23...Tab8 24.Sf4 Dd7 25.Dc2 Sd4 26.De4 Tb2 27.Lc3 Txa2 28.Tb1 Df5 29.Tb7 Tf7 30.Lxd4 cxd4 31.Txf7 [ Der Bauernrückgewinn 31.Dxd4 verbietet sich wegen 31...Txb7 32.Lxb7 Sf3! Der Läufer und der Springer greifen die Dame an, so dass diese ziehen muss oder verloren geht. Aber 33.De3 beendet die Partie auch umgehend. 33...Txh2# ] 31...Dxf7 32.Sh5? Ein effektloser Zauberzug, den Schwarz leicht pariert. [ 32.Db1!? belässt Weiß noch im Spiel. 32...Txg2! ( 32...Dxc4? reicht nicht zum Sieg. 33.Ld5 Tb2! 34.Lxc4 ( 34.Dxb2?? Dxf1# ) 34...Txb1 35.Txb1 Sxc4 36.Tb7 g5 37.Se6 d3 38.Txg7+ Kh8 39.Txa7 d2 40.Ta1 Se3 41.Sd4 d1D+ 42.Txd1 Sxd1 43.Sf5 d5 44.Sxh6 mit Remisschluss.) 33.Kxg2 Sxc4 34.Tf2 und Botwinnik kann ums Remis kämpfen, auch wenn Schmid deutlich überlegen steht.] 32...Tf2 33.Sf4 Txf1+ 34.Lxf1 Df5 35.Dxf5 gxf5 36.Lh3 Sg4 37.Lg2 Se3 38.Lc6 Le5 39.Sd3 Sxc4 40.Lb5 Se3 41.Sb4 a5! 42.Sc6 Botwinnik gab das trotz der ungleichfarbigen Läufer hoffnungslose Endspiel auf. [ 42.Sc6 a4! Erzwingt 43.Lxa4 , doch nun läuft der nächste Freibauer: 43...d3 Und der ist nicht mehr zu halten. Daher:] 0-1



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