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Das Double spielt besser als der Star

Schach-Olympiade in Dresden: Armenische Freunde verteidigen den Titel

Foto und Text von FM Hartmut Metz, 29. November 2008

 

Wladimir Akopjan hat ein ernstes Problem mit seinem Landsmann Lewon Aronjan. "Weil er so selten in Armenien ist, halten mich viele für ihn", erzählt der Schach-Großmeister, obwohl der bereits graumelierte 36-Jährige überhaupt nicht dem zehn Jahre jüngeren Berliner Aronjan ähnelt. "Anfangs habe ich mich noch gewehrt, aber irgendwann gab ich auf. Und wenn mich die Leute heute fragen, wie ich, Lewon, beim Topturnier im spanischen Linares abschneiden werde, sage ich denen: Da gewinne ich im Februar natürlich", erzählt Akopjan mit einem breiten Grinsen.

Das bleibt aber die Ausnahme, bei der die armenischen Schach-Helden Zwietracht säen. Ansonsten gilt das Team von Arschak Petrosjan als ein verschworener Haufen. Das bewies dieser zuletzt am Dienstag, als seine unter 146 Mannschaften nur an Position neun gesetzte Auswahl erneut Sieger der Schach-Olympiade wurde. In Dresden unterlagen die Armenier (19:3 Punkte) lediglich dem zweitplatzierten Israel (18:4) und gaben in den elf Runden noch ein Unentschieden ab. Platz drei ging an die USA vor der Ukraine (beide 17:5) und dem einmal mehr enttäuschenden Russland (16:6), das lediglich die fünf besten Einzelkönner aufbot - zu wenig, um den Titelverteidiger zu überflügeln.

Wie die Armenier zusammenhalten, zeigte sich nicht nur beim ersten Olympiade-Sieg vor zwei Jahren in Turin. Dort wurde Aronjan während der traditionellen Bermuda-Party von dem eifersüchtigen Engländer Daniel Gormally wegen seiner heutigen Freundin Arianne Caoili, einer hübschen australischen Nationalspielerin, zu Boden gestoßen. Nach dem Affront passten seine armenischen Freunde den britischen Hitzkopf ab ...

Einer für alle, alle für einen gilt auch am Brett: Steht Aronjan, Akopjan, Gabriel Sargissjan oder Tigran Petrosjan schlecht, verdoppeln die anderen ihre Kräfte - Unentschieden gibt es dann keine für den Gegner. Und fast immer schaffen die Armenier so die nötigen 2,5:1,5 Punkte zum Sieg. So auch in der letzten Runde in Dresden gegen die Supertalente aus China. Vor Ort war sogar Staatspräsident Sergej Sargissjan, um den Nationalhelden als Erster zu gratulieren.

Bei Olympiaden läuft anscheinend vor allem Gabriel Sargissjan zur Hochform auf. Der Kreuzberger Bundesligaspieler holte 9:2 Punkte am dritten Brett. Akopjan wird künftig hoffentlich seltener daheim mit Armeniens Spitzenspieler verwechselt - denn auf Position zwei blieb das "Aronjan-Double" ebenso wie Sargissjan ungeschlagen und sammelte grandiose 8:3 Zähler, während der von einem Schnupfen geplagte Star "nur" 5,5:4,5 Punkte einheimste. Unter anderem nahm der Vizeweltmeister von 1999 den Franzosen Maxime Vachier-Lagrave, mit 18 bereits Weltranglisten-24., nach allen Regeln der Kunst auseinander.

Olympiade 2008
Die Olympiade-Sieger mit Nationalflagge: Trainer Arschak Petrosjan, Ersatzmann Artasches Minasjan, das Double und der Star
- Wladimir Akopjan und Lewon Aronjan -, Topscorer Gabriel Sargissjan und Tigran Petrosjan











Akopjan (2679) - Vachier-Lagrave (2716) [B84]
38. Olympiade Dresden, 21.11.2008

1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 6.Le3 e6 7.Le2 Dc7 8.a4 b6 [ 8...Sc6 9.0-0 Le7 10.f4 führt zur Hauptvariante im Scheveninger.] 9.f4 Lb7 10.Lf3 Sbd7 11.De2 [ 11.f5 stellt eine häufig gespielte Alternative dar.] 11...g6 [ 11...e5 12.Sf5 g6 13.fxe5 Sxe5 ( 13...dxe5 erlaubt 14.Sh6 ) 14.Lg5 Dd8 geschah zum Beispiel vor zehn Jahre in Linares zwischen Wesselin Topalow und Wassili Iwantschuk.] 12.0-0 e5 [ 12...Lg7? ist nicht gut für den Nachziehenden, gestattet dies doch 13.e5! dxe5 14.fxe5 Sxe5 ( 14...Lxf3? 15.Dxf3 und es hängt der Springer auf f6 und der Turm auf a8!) 15.Lxb7 Dxb7 16.Lh6! Lxh6 17.Dxe5 Lg7 18.Txf6 De7 19.Se4 0-0 20.Taf1 und Schwarz verliert mit nur einem Turm für die zwei Springer.] 13.Tad1!N [ Glänzende Vorbereitung Akopjans! Diese Neuerung verbessert zwei Vorläuferpartien, in denen Vachier-Lagrave mit Schwarz jeweils schnell remisieren konnte. 13.Sb3 Lg7 14.Tad1 exf4 15.Lxf4 Se5 16.Dd2 Sc4 17.Lxd6 Sxd2 18.Lxc7 Sxf1 19.Kxf1 Sd7 20.Lg4 Sf6 21.Lf3 Sd7 22.Lg4 Sf6 mit Remisschluss in der französischen Meisterschaft in Pau gegen Andrej Sokolow.; Zudem spielte das riesige Talent in Paris 2008 gegen Sergej Fedortschuk 13.fxe5 dxe5 14.Sb3 Lb4 15.Lh6 Lf8 16.Le3 Lb4 17.Lh6 Lf8 18.De3 remis.] 13...Le7 [ 13...exd4? darf Schwarz nicht ziehen. Der Springergewinn erweist sich rasch als Henkersmahlzeit: 14.Lxd4+/- 0-0-0 ( 14...Le7?! 15.e5 Lxf3 16.Txf3 0-0 ( 16...dxe5 17.fxe5 Sh5 18.Sd5 Dd8 19.e6 und es hängt zu viel im schwarzen Lager.) 17.exf6 Lxf6 18.Sd5!+- Lxd4+ 19.Txd4 Dc5 20.c3 Tfe8 21.Te3 und der Nachziehende verwaltet eine schier aussichtslose Stellung. 21...Kf8 22.Txe8+ Txe8 23.Dxa6+- ) 15.e5 dxe5 16.fxe5 Lc5 ( 16...Te8 17.Lxb7+ Dxb7 18.Dc4+ ) 17.exf6 The8 18.Lxb7+ Dxb7 19.Df2 mit weißem Mehrbauern.] 14.fxe5 Sxe5?! [ In Betracht kommt 14...dxe5!? 15.Sd5! Sxd5 ( 15...Lxd5? 16.exd5+/- e4? 17.Lxe4! Sxe4 18.Lf4 Sd6 19.Tde1 Sf6 20.De5 0-0 Weiß drohte Nehmen auf f6 wie d6. 21.Sc6+- ) 16.exd5 0-0 17.Sc6 Ld6+/= und der Anziehende steht nur etwas besser.] 15.Lh6! Verhindert die Flucht des Königs via kurze Rochade. 15...Lf8 16.Lxf8 Kxf8 17.De3 h6? [ Der entscheidende Fehler. 17...Kg7 muss geschehen, auch wenn Akopjan nach 18.Le2!?|^ Angriffschancen behält.] 18.Lh5! Ein schöner Läuferzug, der die schwarze Schwäche auf der f-Linie bloßlegt. 18...De7? [ 18...Sxh5?? verbietet sich natürlich wegen der Springergabel 19.Se6+ Kg8 20.Sxc7 ; Und das wohl noch stärkste 18...Kg7! kontert Akopjan wie in der Partiefortsetzung mit 19.Lxg6!! Sxg6 ( 19...Kxg6 20.Dg3+ Sfg4 ( 20...Kh7 21.Txf6 ) 21.h3 Kh7 22.hxg4 Thg8 23.Tf4 Dc5 24.Kh1 Tg6 25.Dh4 Tag8 26.Sf5 Te6 Es drohte Se7 mit Qualitätsgewinn. 27.Sd5! Dxc2 28.Tdf1 Dd3 29.Sfe7 Tg7 30.Sf6+ Txf6 31.Txf6+- ) 20.Sf5+ Kg8 21.Sxd6 Sg4 22.Dg3 h5 23.Txf7 Dc5+ 24.Kh1 Lc6 25.Tf5 De3 26.Tf3 Dc5 und Schwarz steht wegen des ungeschützten Königs äußerst zweifelhaft, wenn auch noch nicht verloren.] 19.Lxg6! Sxg6 [ Aussichtslos ist ebenso 19...fxg6 20.Txf6+ Dxf6 21.Tf1 Dxf1+ 22.Kxf1 Th7 23.Sf3 Te8 24.Dxb6 ] 20.Sf5 De5 21.Dxb6! [ 21.Sxd6 reicht sicher auch.] 21...Lxe4 [ 21...Sg4 hilft auch nicht mehr: 22.Dxd6+ ( 22.g3 Dc5+ 23.Dxc5 dxc5 24.Sd6 ) 22...Kg8 23.h3! Dxd6 ( 23...Sf6 24.Dxe5 Sxe5 25.Sd6 ) 24.Sxd6 Se3 25.Sxb7 Tb8 26.Td7 Sxf1 27.Kxf1 Se5 28.Te7 Sc6 29.Tc7 Se5 30.Sd5 Kh7 31.b4 Thc8 32.Te7 ] 22.Dxd6+! Dxd6 23.Sxd6 Lxc2 24.Txf6 Ta7 [ Zum Leidwesen von Vachier-Lagrave scheitert 24...Lxd1 an 25.Txf7+ Kg8 26.Sd5 und undeckbarem Matt: 26...Th7 27.Sf6+ Kh8 28.Txh7# ] 25.Td2 Kg7 26.Tf3 [ Der Franzose hatte genug und gab auf wegen 26.Tf3 Lb3 27.Sf5+! Kh7 28.Th3 ] 1-0



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