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Kachiani-Gersinska traut sich als einzige Georgierin zur WM

Muggensturmer Schach-Großmeisterin hakt den Krieg ab, kann aber sechs Kolleginnen nicht zur Teilnahme in Russland bewegen

Von FM Hartmut Metz, 31. August 2008

 

Georgien hat über drei Jahrzehnte nur in einer Sportart dominiert: im Schach der Damen. Nona Gaprindaschwili sorgte für die Popularität, als sie 1962 Weltmeisterin wurde. Sogar ein Parfüm wurde nach der heute 67-Jährigen benannt. Erst 1978 löste sie Maja Tschiburdanidse auf dem WM-Thron ab. Die damals 17-jährige Weltmeisterin verteidigte den Titel bis 1991.

Die georgische Schachschule brachte bis heute viele starke Spielerinnen hervor und sechs qualifizierten sich auch wieder für die heute beginnende WM - nur findet die in Russland statt.

Eigentlich hätte es das von Tschiburdanidse angeführte Sextett nicht sonderlich weit nach Naltschik. Doch der Krieg um Südossetien und Abchasien macht die 140 Kilometer zu einer unüberwindbaren Distanz. Gleich zu Beginn der Kämpfe verkündeten die patriotischen Großmeisterinnen - darunter auch die in den 90ern für die Rochade Kuppenheim spielende Maja Lomineischwili - ihren Boykott der WM. Bis dato konnten auch der Schach-Weltverbandspräsident Kirsan Iljumschinow und Boris Kutin, Oberhaupt der Europäischen Schachunion, die Damen nicht umstimmen. Vom Hinweis der beiden Russen, "Politik und Sport nicht zu vermengen", halten sie nicht viel. Die Zuschauer in Naltschik dürften daher heute sechs von 32 Brettern verwaist sehen.

Dass es nicht gar sieben werden, dafür sorgt eine gebürtige Georgierin: Ketino Kachiani-Gersinska. Die Muggensturmerin hat ihre Freundinnen in der alten Heimat am Montag angerufen und an sie appelliert, doch bei der WM anzutreten. "Durch den Boykott bestrafen sie sich doppelt", meint die Großmeisterin. Ihre Einwendungen, der Krieg sei "vorbei und die Situation eine andere wie vor einer Woche, ansonsten würde ich auch nicht hinfliegen", fruchteten wenig. Die Hinweise, die Politiker ließen sich kaum von einem Verzicht einer Handvoll Schachspielerinnen beeindrucken und der Weltverband FIDE träfe mit den russischen Ausrichtern Sicherheitsvorkehrungen, halfen ebenso wenig.

Aber auch Kachiani-Gersinska muss mit einer Einschränkung in Naltschik leben: Bei ihrer dritten WM-Teilnahme für den Deutschen Schachbund (DSB) reist die 36-Jährige ohne Trainer an. Der DSB schickte wegen einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes keinen Großmeister mit. Allein Ehemann Jürgen Gersinska begleitet daher mit einem Bauchgrimmen die zweimalige U20-Weltmeisterin.

Die Bundesligaspielerin der OSG Baden-Baden hat es diesmal schwer, ihren Erfolg von 2004 zu wiederholen: Bei ihrer letzten WM-Teilnahme erreichte die ehemalige Kuppenheimer Oberligaspielerin das Viertelfinale. Die zweifache Mutter ist diesmal nur an Position 39 von 64 gesetzt und trifft auf die nominell stärkere Chinesin Shen Yang. "Mal schauen. In zwei Partien kann viel passieren", gibt sich Kachiani-Gersinska dennoch gewohnt optimistisch. Als zweite Deutsche hat sich die 23-jährige Elisabeth Pähtz bei der EM für die Weltmeisterschaft qualifiziert. Als Nummer 16 der Setzliste ist der Thüringerin durchaus eine Überraschung zuzutrauen.

Elisabeth Pähtz
Elisabeth Pähtz

Ketino Kachiani-Gersinska
Ketino Kachiani-Gersinska


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