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Kampf bis zur letzten Patrone

Topalow verweigert bei WM jegliche Friedensverhandlungen

von FM Hartmut Metz, 8. Mai 2010

 

Die Schach-WM in Sofia geht in die entscheidende Phase: Morgen und am Dienstag stehen die beiden letzten der zwölf Partien zwischen Viswanathan Anand und Herausforderer Wesselin Topalow an. Die dürften beide noch gespielt werden angesichts eines Zwischenstands von 4,5:4,5 (bei Redaktionsschluss dieser Seite). Auch ein Tiebreak am Donnerstag im Schnellschach mit 25 Minuten Bedenkzeit (plus zehn Sekunden pro Zug) scheint nicht ausgeschlossen, nachdem Anand am Donnerstag in der neunten Partie mehrfach Siegmöglichkeiten und somit eine 5:4-Führung verpasste. "Ich habe heute eine große Chance ausgelassen zu gewinnen", räumte Anand enttäuscht ein. Topalow war dagegen mit dem Ausgang verständlicherweise zufrieden: "Wir machten beide viele Fehler. Ich hatte Glück. Das war eine sehr harte Partie."

Dass die Duelle dann bis zu 83 Züge dauern und sechseinhalb Stunden gehen, verdanken die Fans wohl vor allem dem Herausforderer. Wie bei seinem Heimturnier in der bulgarischen Hauptstadt lässt sich der Weltranglistenzweite getreu der "Sofia-Regel" auf keine Remisverhandlungen ein. Nur Zugwiederholungen, Sieg oder Niederlage beenden die Begegnungen. So wird im Vergleich zu früheren WM-Zweikämpfen löblicherweise oft bis zur letzten Patrone gekämpft. Sein Rivale vom deutschen Meister OSG Baden-Baden bietet daher auch erst gar keine Unentschieden an.

In der vierten Partie hatte Anand sowieso keinen Anlass dazu. Im Stile seines Kontrahenten zog der Inder in Front: Nach einem unscheinbaren Fehler opferte der Weltmeister eine Figur und vollstreckte im Angriff zum 2,5:1,5.











Anand,V (2787) - Topalow,W (2805) [E04]
WM Sofia (Bulgarien), 28.04.2010

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.g3 dxc4 5.Lg2 Lb4+ 6.Ld2 a5 7.Dc2 Lxd2+ 8.Dxd2 c6 9.a4 b5 10.Sa3N Eine Neuerung im Vergleich zu [ 10.axb5 cxb5 11.Dg5 0-0 12.Dxb5 La6 13.Da4 Db6 14.0-0 ( 14.Sbd2 kam später in Mode. So remisierten zum Beispiel Peter Leko und Wladimir Kramnik im Vorjahr in Dortmund: 14...Lb5 15.Da3 Sc6 16.0-0 Tab8 17.Tfc1 Sxd4 18.Sxd4 Dxd4 19.Sf3 Db6 20.Dxa5 Dxa5 21.Txa5 Lc6 22.Txc4 Lxf3 23.Lxf3 Txb2 24.h4 1/2-1/2) 14...Dxb2 15.Sbd2 Lb5 16.Sxc4 Lxa4 17.Sxb2 Lb5 18.Se5 Ta7 19.Lf3 Sbd7 20.Sec4 Tb8 21.Tfb1 g5!<=> stand gleich zum Auftakt des WM-Matchs zwischen Kramnik und Topalow in Elista 2006 zur Debatte.] 10...Ld7 [ Als Ungenauigkeit erweist sich 10...La6?! 11.Se5 Sd5 12.Sxc6! Sxc6 13.axb5 Lxb5 14.Sxb5 0-0 15.Sc3 und Schwarz steht deutlich schlechter angesichts der eher schwachen Bauern auf a5 und c4 sowie vor allem dem weißen Druck im Zentrum nach dem Vorstoß e4. ] 11.Se5 Sd5 12.e4 Sb4 [ 12...Sb6?! büßt den Mehrbauern nach 13.axb5 cxb5 14.Sxd7 Dxd7 15.Dg5 auf g7 oder b5 ein. Danach steht Weiß besser.] 13.0-0 0-0 14.Tfd1 Le8 15.d5! Das unterminiert den Schutz des b-Bauern und bietet dem Läufer auf g2 neue Perspektiven. 15...Dd6 [ 15...Db6 16.dxe6 fxe6 17.Dd6! ist eine interessante Computervariante. Danach erweist sich 17...Dxf2+ 18.Kh1 Da7? als ganz schlecht. 19.Lh3 Sd7 ( 19...Ld7 20.Lxe6+! Lxe6 21.Dxe6+ Kh8 22.Sf7+ Kg8 ( 22...Dxf7 23.Dxf7 Txf7 24.Td8+ Tf8 25.Txf8# ) 23.Sg5+ Kh8 24.Df5!! mit undeckbarem Matt.; 19...S8a6 20.Lxe6+ Kh8 21.Dxf8# ) 20.Lxe6+ Kh8 21.Lxd7 Lxd7 22.Dxd7 De3 23.Te1! Df2 24.Tf1 Dxb2 25.Sf7+ Kg8 26.axb5 cxb5 27.De6 und Weiß gewinnt.] 16.Sg4!? [ Durchaus vielversprechend wirkt auch 16.dxc6 Dxe5 17.axb5 S8xc6 Anders kommt der Springer nicht mehr ins Spiel. 18.bxc6 Lxc6 19.Sxc4+/= ] 16...Dc5 17.Se3 S8a6 18.dxc6 bxa4 [ 18...Lxc6 ändert nichts am leichten Vorteil für Anand. 19.axb5 Lxb5 20.Saxc4! Lxc4 21.Tac1+/- und nach dem Rückgewinn der Figur muss Topalow um Ausgleich kämpfen.] 19.Saxc4 Lxc6 20.Tac1 h6?! Der Bauernzug wurde später harsch kritisiert, weil er eine Angriffsmarke für Weiß schafft. Ganz so schlimm, wie ihn die Kommentatoren zunächst machten, scheint er aber nicht zu sein. 21.Sd6 Da7 22.Sg4 Tad8?? Das ist wohl der einzige Fehler des Nachziehenden. [ Mittels 22...Sc5!? wäre Topalow im Spiel geblieben. 23.Tc4 Scd3! ( 23...Sb3? wird dagegen laut Jungstar Anish Giri widerlegt durch 24.Sxh6+! Kh7 25.Df4 gxh6 26.e5 Lxg2 27.Sf5! exf5 28.Dxf5+ Kh8 29.Df6+ Kh7 30.Th4 und der schwarze Monarch geht matt.) 24.Lf1 Tad8 25.e5 ( 25.Txc6 h5! 26.Lxd3 Sxc6 27.Sh6+ gxh6 28.Dxh6 Txd6 29.e5 Txd3 30.Dg5+ Kh7 31.Dxh5+ Kg7 32.Dg5+ endet die Partie im Dauerschach.) 25...f5!? 26.Sxh6+ gxh6 27.Lxd3 Sxd3 28.Dxd3 Lb5 29.Dd4 Dxd4 30.Tcxd4 Tb8 ergibt ein besseres Endspiel für Weiß. Schwarz ist aber nicht verloren.; 22...f6 bewertet Anish Giri als am stärksten, um das wichtige Feld e5 zu kontrollieren.] 23.Sxh6+!! gxh6 24.Dxh6 f6 Die Position hielt Topalow wohl für ausgeglichen. Ihm entging aber offensichtlich: 25.e5!! Lxg2 [ 25...Dg7 26.Dxg7+ Kxg7 27.Lxc6 fxe5 28.Lxa4 bietet dem Nachziehenden keine Chancen mehr, auch wenn er nominell nur einen Bauern weniger hat.] 26.exf6 Txd6 [ Großmeister Sergej Schipow präsentiert auf seiner Webseite eine hübsche Variante: 26...Dh7 27.Dg5+ Kh8 28.Tc4 Tg8 29.Sf7+!! Dxf7 30.Th4+ Dh7 31.Txh7+ Kxh7 32.Dh5# ] 27.Txd6 Le4 [ 27...Ld5 wird widerlegt durch 28.Dg6+ Kh8 29.Tc4!! Lxc4 30.Td4! Dh7 31.Th4 Tf7 32.Txh7+ Txh7 33.De8# ] 28.Txe6 Sd3 29.Tc2 Dh7 30.f7+! Dxf7 [ 30...Kxf7 31.Tf6+ Ke7 32.Dxf8+ Kd7 33.Td6# ; 30...Txf7 31.Te8+ Tf8 32.Txf8# ] 31.Txe4 Df5 32.Te7 Schwarz kann sich nur noch aussuchen, wie er matt wird. [ 32.Te7 Tf7 33.Tc8+! Dxc8 34.Dg6+ Kh8 35.Dh5+ Kg8 36.Dxf7+ Kh8 37.Dg7# ] 1-0



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