Präsidiale Ehren für von WeizsäckerDeutscher Verbandsboss soll auch europäisches Schach führenvon FM Hartmut Metz, 13. Juni 2010 |
Streit ums Amt des Bundespräsidenten? Zu seligen Zeiten eines Richard von Weizsäcker brauchte man sich keine Gedanken darüber zu machen, ob ein niedersächsischer Weichspüler von der CDU als Staatsoberhaupt tauglich ist. Bei der Wahl für die zweite Amtsperiode 1989 verzichteten alle Parteien auf einen Gegenkandidaten. Der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin bleibt selbst 16 Jahre nach dem Abschied als Bundespräsident populärer als jeder seiner Nachfolger. Das half auch dem königlichen Spiel: Schließlich frönte der heute 90-jährige von Weizsäcker stets dem Schachsport.
Um den guten Klang des Namens zu nutzen, wurde sein ältester Sohn, Robert von Weizsäcker, 2007 zum Präsidenten des Deutschen Schachbundes (DSB) gekürt. Der Münchner Professor für Volkswirtschaftslehre brachte es im Fernschach, bei dem die Züge früher per Postkarte und heute per E-Mail übermittelt werden, zu Großmeister-Ehren. An diesem Wochenende kommt der 55-Jährige nach Baden-Baden. Zum einen besucht Robert von Weizsäcker das Jugend-Quartalsturnier im Schachzentrum. Zum anderen ist der Mannschafts-Weltmeister von 2008 im LA8 vor Ort, wenn Wolfgang Grenke den Europäischen Kultur-Initiativ-Preis verliehen bekommt. Der kurstädtische Mäzen erhält diesen vor allem für sein großes Engagement im Schach. Grenke sponsert außer der OSG Baden-Baden, die bei den Herren fünfmal in Folge deutscher Meister wurde, auch die Chess Classic Mainz.
Die Qualitäten der von Weizsäckers haben auch die Legenden Anatoli Karpow und Garri Kasparow erkannt. Die beiden Russen wollen den umstrittenen Kalmücken Kirsan Iljumschinow als Präsident des Schach-Weltverbandes FIDE ablösen. Karpow sicherte sich schon vor der Wahl Ende September Stimmen zahlreicher westeuropäischer Verbände. Er wurde als vieljähriges Mitglied des Zweitliga-Aufsteigers SV Hockenheim vom DSB sogar dafür nominiert, nachdem es innerhalb des russischen Verbandes handfesten Streit gegeben hatte - die Funktionäre in Moskau bekriegen sich in der Frage, ob man den renommierten Ex-Weltmeister oder den umstrittenen Amtsinhaber Iljumschinow als einzigen Kandidaten aufstellen soll.
Um auch die Europäische Schachunion (ECU) frei von Korruption und Vetternwirtschaft zu machen, wünscht sich Karpow den deutschen Freiherrn bei dieser als neuen Chef. In Berlin plädierten die beiden herausragenden Weltmeister für von Weizsäcker. "Schach lebt in besonderem Maße von der Reputation seiner Vertreter. Im Vergleich mit Iljumschinow zweifle ich nicht daran, dass Karpow und von Weizsäcker dem Schach zurückgeben, was ihm gebührt", unterstrich Kasparow.
Robert von Weizsäcker nimmt es mit zwei ebenfalls mächtigen Gegenspielern auf: dem Bulgaren Silvio Danailow, Manager von Vizeweltmeister Wesselin Topalow, und dem Türken Ali Nihat Yazici. Der Sohn des Bundespräsidenten will für mehr "Transparenz" in den Gremien sorgen und dem DSB als weltweit zweitgrößtem Verband (93 000 Mitglieder) international mehr Gewicht verleihen.
Dass sich das Schlachtenglück zumindest auf dem Brett rasch wenden kann, musste Karpow 1976 bei der sowjetischen Meisterschaft erkennen.
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Geller,J (2620) - Karpow,A (2695)
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