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Aljechin sorgt für frühe Höhepunkte

100 Jahre Badischer Schachverband: Festakt mit Legende Anatoli Karpow

von FM Hartmut Metz, 27. Juni 2010

 

Der Badische Schachverband (BSV) feiert heute in Bruchsal sein 100-jähriges Bestehen. Während des Verbandstags, bei dem sich die Vertreter der 189 Vereine (mit derzeit rund 7 900 Mitgliedern) treffen, findet ein Simultan mit renommierten badischen Akteuren statt. Ab 10 Uhr spielen im Bürgerzentrum je zwei Großmeisterinnen und Großmeister an jeweils 20 Brettern gegen Amateure: die Muggensturmerin Ketino Kachiani-Gersinska, Fabian Döttling (beide OSG Baden-Baden), Barbara Hund (SK Freiburg-Zähringen) und Sebastian Bogner (SK Neuhausen). Die restlichen der 100 Partien übernimmt der amtierende badische Meister Andreas Heimann (SC Dreiländereck). Um 14.30 Uhr folgt eine Partie mit lebenden Figuren, die von 32 Schülern des Justus-Knecht-Gymnasiums dargestellt werden.

An der offiziellen Festveranstaltung ab 16 Uhr nehmen Helmut Rau, Minister für Kultus, Jugend und Sport, sowie Robert Freiherr von Weizsäcker teil. Der Präsident des Deutschen Schachbundes (DSB) und Sohn des ehemaligen Bundespräsidenten Richard hält zusammen mit Fritz Meyer, dem 13. Präsidenten der BSV-Geschichte, die Festansprachen. Zu den Höhepunkten des Gala-Abends zählen die Darbietungen von Lothar Arnold am Flügel und Sopranistin Isabel Delemarre - beide sind Internationale Schach-Meister und gehören einem der BSV-Gründungsvereine von 1910 an, den Karlsruher Schachfreunden 1853. Ehrengast soll Anatoli Karpow sein. Die Legende aus Russland, die so viele Turniere wie kein anderer Schachspieler gewonnen hat, will künftig auch die Geschicke des Weltverbandes FIDE lenken. Nominiert für den Posten wurde er vom DSB - möglich war das nur, weil Karpow aus alter Freundschaft ins Badische beim Zweitliga-Aufsteiger Hockenheim auf der Rangliste steht.

Alle Teilnehmer des Festakts erhalten ein besonderes Buch: Eine wahre Sisyphusarbeit bürdeten sich Frank Schmidt und BSV-Ehrenpräsident Gerhard Seiter auf. Sie erstellten über Jahre hinweg die BSV-Chronik, die nun 752 Seiten umfasst. Das günstige Mammutwerk für lediglich 19,90 Euro enthält zum Beispiel ein Bild aller Teilnehmer an dem bedeutenden Turnier von 1925 in Baden-Baden. Alexander Aljechin siegte wie schon 1914 in Mannheim. Der damals wegen des ausgebrochenen Weltkriegs internierte Russe sorgte für die weiteren Höhepunkte des badischen Schachlebens: 1929 trugen er und sein in Triberg heimisch gewordener Freund Jefim Bogoljubow Teile ihres WM-Kampfs in Baden aus. Der Auftakt beim nächsten WM-Duell 1934 ging an Ostern sogar in Baden-Baden über die Bühne.

Beide Weltmeisterschaften gewann Aljechin so souverän wie das Turnier 1925. In der Kurstadt blieb er mit 16:4 Punkten vor Akiba Rubinstein (14,5:5,5), Fritz Sämisch (13,5:6,5) und Bogoljubow (13:7). Aljechin gelang nach dem Auftaktremis gegen den Mexikaner Carlos Torre ein Glanzstart mit neun Siegen. In der dritten Runde schlug der Russe den deutschen Lehrmeister Dr. Siegbert Tarrasch.











Tarrasch,S - Aljechin,A [C53]
Baden-Baden Baden-Baden, 19.04.1925

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Lc5 4.c3 Lb6 5.d4 De7 6.0-0 Sf6 7.Te1 d6 8.a4 a6 9.h3 0-0 10.Lg5 Aljechin empfahl sofort [ 10.Le3 , da die Provokation von h6 keinen Vorteil biete.] 10...h6 11.Le3 Nach [ 11.Lh4 beabsichtigte Aljechin Kh8 nebst Tg8 und g5, was ihm Angriff am Königsflügel versprach.] 11...Dd8! Die Fortsetzung begeisterte den Russen selbst: "Dieser paradoxe Zug - der schwerste in der ganzen Partie - ist sehr effektiv. Die zwei Ideen, die dahinterstecken, sind ein eventueller Vorstoß im Zentrum, der mit exd4 beginnt, und die gleichzeitige Öffnung der e-Linie für die Türme", erklärte Aljechin seine Absichten. 12.Ld3 Te8 13.Sbd2 La7 Beugt Sc4 vor. 14.Dc2 [ 14.Db3 Sa5 15.Dc2 scheint die präzisere Zugfolge zu sein, denn nun darf Tarrasch nach 15...exd4 mit dem Bauern auf d4 zugreifen und kann so das Zentrum stärken. 16.cxd4+/= ] 14...exd4 Nimmt im rechten Moment, weil Weiß wegen Sb4 nur schlecht mit dem Bauern auf d4 zurückschlagen kann. 15.Sxd4 Se5 16.Lf1 d5! 17.Tad1 c5 18.S4b3 Dc7 19.Lf4 Sf3+ 20.Sxf3 Dxf4 21.exd5? Laut Aljechin der entscheidende Fehler. Das Schachgenie erwartete stattdessen [ 21.e5 Dies führt nach 21...Lf5 22.Dd2 Dxa4 23.Sxc5 Lxc5 24.exf6 Txe1 25.Txe1 Dc2 zum Ausgleich.] 21...Lf5! Ein wichtiger Zwischenzug. Weniger klar ist [ 21...Lxh3 22.gxh3 Dxf3 23.Lg2 Df4= ] 22.Ld3 Auf [ 22.Dd2 gedachte Aljechin mittels 22...Dxa4 23.Sc1 Lc2? ( 23...c4! erweist sich als bester Zug, um den Läufer auf a7 zu beleben.) 24.Txe8+?! ( 24.b3! ist besser. 24...Lxb3 25.Sxb3 Txe1 26.Txe1 Dxb3 27.c4 Db6=/+ ) 24...Txe8 25.Te1 Se4 26.Df4 c4 27.Sd4 Lxd4 28.cxd4 Db4 zu beantworten. 29.Te2! hält Weiß jedoch im Spiel, sofern 29...Dxb2? geschieht. ( Das komplizierte 29...g5! 30.Dc7 Ld3 31.d6 Lxe2 32.d7 Tf8 33.d8D Txd8 34.Dxd8+ Kg7 35.Sxe2 De1 36.Dd5 Dxf2+ 37.Kh2 Sd2 38.Sg3 Sxf1+ 39.Sxf1 Dxf1 40.Dxb7 a5 ergibt hingegen ein vorteilhaftes Damen-Endspiel.) 30.d6 Td8 31.Dxe4! Lxe4 32.Txb2 b5 33.f3 Lg6= verspricht Schwarz zu wenig.] 22...Lxh3! 23.gxh3 Dxf3 24.Txe8+? Das aktiviert den Turm und führt zu entscheidendem schwarzen Angriff. [ 24.Lf1 c4 25.Sd4 Dxd5 26.Lg2 Dg5-/+ verhindert das Schlimmste.] 24...Txe8-+ 25.Lf1?! Te5 26.c4 Tg5+ 27.Kh2 Die Stellung hielt Tarrasch wohl für verteidigungsfähig - Aljechin lässt sich hingegen solch einen Mattangriff nicht entgehen. 27...Sg4+! 28.hxg4 Txg4 [ 28...Txg4 29.Td3 ( 29.Lh3 Th4 30.Kg1 Txh3 31.d6 Th1# ) 29...Th4+ 30.Lh3 Txh3+ 31.Kg1 Th1# ] 0-1



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