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Hut ab, Gata Kamsky!

Schnellschach-Weltmeister erhält in Mainz eine neue Kappe

Foto und Text von FM Hartmut Metz, 14. August 2010

 

Hut ab, Gata Kamsky! Der US-Meister gewann die Schnellschach-WM in Mainz mit fantastischen 10:1 Punkten und einem halben Zähler Vorsprung vor dem Aseri Wugar Gaschimow, Titelverteidiger Lewon Aronjan (Armenien) und Jewgeni Barejew (Russland) - allesamt Spieler, die mindestens schon einmal in ihrer Karriere in der Weltrangliste unter den Top 6 standen. Doch egal, wer Kamsky aus dem 701 Teilnehmer großen Feld gegenübersaß: Unter der umgekehrt aufgesetzten Schildmütze wurde in den ersten neun Runden stets letztlich der bessere Zug ausgeführt.

Kamsky erwarb kurz vor seinem Abflug in New York eine Kappe. Keine Glückskappe, wie der 36-Jährige betonte, "ich liebe Mützen. Die kaufte ich nur, um hier amerikanisch zu wirken". Ursächlicher für seinen grandiosen Start bei den Chess Classic Mainz (CCM) mit neun Siegen in Folge hält der gebürtige Tatare seine erfrischenden Spaziergänge zwischen den Runden entlang des Rheins.

"Ganz ohne Glück geht es nicht bei solch einem Traumresultat", bemerkte der entthronte Aronjan und ergänzte, "ich bin nicht traurig, dass ich den Titel abgab. Kamsky hat sehr gut gespielt. Seine zehn Punkte sind ein großartiges Resultat!" Erst der ebenfalls ungeschlagene Gaschimow vermochte in der vorletzten Runde die Siegesserie mit einem Remis zu brechen. Dem russischen Weltranglistensiebten Alexander Grischuk gelang ebenfalls eine Punkteteilung gegen den neuen Schnellschach-Weltmeister. Als Lohn gab es für Kamsky 6 000 der 30 000 Euro Preisgeld - und eine neue Kappe! Organisator Hans-Walter Schmitt schenkte ihm eine mit dem Symbol der CCM, dem springenden Tiger.

"Die Partie gegen Karjakin war meine beste", geriet der Tartare regelrecht ins Schwärmen, als er von seinem Damenopfer für Turm und Figur in der achten Runde berichtete - und besonders von dem Bauernopfer auf g2.











Kamsky,G (2713) - Karjakin,S (2747) [C91]
Schnellschach-WM Mainz, 08.08.2010

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 Le7 6.Te1 b5 7.Lb3 d6 8.c3 0-0 9.d4 Lg4 10.d5 Sa5 11.Lc2 Dc8 12.Sbd2 c6 13.b4 Sb7 14.dxc6 Dxc6 15.Lb2 Sd8 16.Sf1 Db7!? 17.Sg3N Die Neuerung. [ 17.Se3 ist noch bekannt aus De la Riva - Perez Candelario (Andorra Open 2005).] 17...Te8 [ Eher in Betracht kommt 17...g6!? , um dem lästigen Springer das Einbruchsfeld auf f5 zu nehmen. ] 18.h3 Ld7 19.Lb3 Se6 20.Sf5 Lc6 21.Sxd6! [ 21.Lxe6 verspricht kaum mehr als Ausgleich: 21...fxe6 22.Sxd6 Lxd6 23.Dxd6 Lxe4<=> ] 21...Lxd6 22.Dxd6 Sxe4? [ 22...Lxe4 23.Dxe5 Lxf3 24.gxf3 Dxf3 25.Dg3 dürfte wohl die bessere Fortsetzung im Sinne des Ausgleichs sein.] 23.Dxe5+/= S6c5?! Das sieht im ersten Moment für Menschen wie Programme gut aus, wird jedoch von Weiß widerlegt. [ 23...Sf6 24.Sg5! Sxg5 25.Dxg5 h6 26.Dg3 Se4 27.Df4 Tad8 28.c4 garantiert dem Anziehenden ebenso einigen Vorteil, auch wenn es noch weit bis zum Sieg ist.] 24.bxc5! Ein gut durchdachtes Damenopfer! 24...Txe5 25.Sxe5+/- Die aktiven Figuren drücken nun gegen den wunden Punkt f7. 25...Sxc5 [ 25...Ld5 bringt nichts, weil 26.c6! Lxc6 27.Tad1! f7 im Visier behält.; 25...Tf8 scheitert an 26.Tad1! Sxc5?! 27.La3! Sxb3 28.Sxc6 Dxc6 29.Lxf8 Sa5 ( 29...Kxf8 30.Td8+ De8 31.Texe8# ) 30.Lb4 Sb7 31.Te7 h6 32.Tdd7 und der Springer entkommt nicht.] 26.Lxf7+ Kh8 27.Tad1! Lxg2 28.Td4! Weiß droht nun Sg6+ nebst Th4 matt! 28...h6 29.La3! Lxh3 [ Auf 29...Lh1 geschieht 30.f3 Lxf3 31.Lxc5 Dc7 32.Ld6 Dxc3 33.Sxf3 Dxf3 34.Ld5 Dc3 35.Tde4!+- und Schwarz mangelt es an einer ausreichenden Verteidigung. 35...Tg8 ( 35...Td8 kostet Haus und Hof: 36.Te8+ Txe8 37.Txe8+ Kh7 38.Le4+ g6 39.Te7+ Kg8 40.Ld5+ Kh8 41.Le5+ Dxe5 42.Txe5 ) 36.Lxg8 Kxg8 37.T4e3 Dd2 38.Le5 Dxa2 39.Tg3 g5 40.Td3 und die schwarze Stellung ist weit schlechter, als die Materialverteilung erwarten lässt. Ein Beispiel: 40...Kf7 41.Td7+ Kg6 42.Td6+ Kf7 43.Tf6+ Ke7 44.Ld4+ Kd7 45.Lc5 Kd8 46.Te7 Da1+ 47.Tf1 Dh8 48.Ta7 Die Dame geht mindestens verloren.] 30.Ld5+- Dc8 31.Lxc5 Dxc5 [ 31...Tb8 macht's nicht besser.] 32.Lxa8 Lf5 [ 32...Dxc3 verliert noch rascher. 33.Td8+ Kh7 34.Le4+ g6 35.Lxg6+ Kg7 36.Te3 Da1+ 37.Kh2 Le6 38.Td6 Dxa2 39.Tf3 a5 40.Lf7 Lxf7 41.Txf7+ ] 33.Te3 Der Rest spielt sich für einen wie Kamsky von alleine. 33...Da3 34.Ld5 Kh7 35.Kg2 De7 36.Sf3 Df6 37.c4 bxc4 38.Lxc4 a5 39.Td5 Lb1 40.Txa5 Df4 41.Le6 Db4 42.Tae5 Da4 43.a3 Df4 44.Ld5 Dg4+ 45.Kf1 Dh3+ 46.Ke2 Dc8 47.Le4+ Lxe4 48.T5xe4 Dc1 49.a4 Db1 50.Sd2 Da1 51.Tg3 Df6 52.a5 h5 53.Tb3 h4 54.Tb6 Dg5 55.Sf3 Dxa5 56.Txh4+ Kg8 57.Tb8+ Kf7 58.Tf4+ Kg6 59.Tbb4 Da6+ 60.Tbc4 Db5 61.Kf1 Dd5 62.Kg2 und weil nun bald der g-Bauer fällt, ohne dass Schwarz den weißen König mit Schachs behelligen kann, streckte Karjakin die Waffen. 1-0



CCM 2010
Gata Kamsky (rechts) gelang gegen Sergej Karjakin seine beste Partie bei den Chess Classic Mainz

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