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Offener Brief an Raj Tischbierek

mehr Rezensionen des FCC-Buches


Raj Tischbierek ist Chefredakteur des Magazins „Schach", in dem in der Ausgabe März 2001 eine Buchbesprechung des FCC-Buches erschien.

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Hallo Raj,

prinzipiell freut es mich, wenn sich ein Rezensent der Mühe unterzieht, ein Schachbuch ausführlich zu besprechen. Leider konzentrieren sich heutzutage zu viele Kritiker auf die Informationen des Beilagenzettels, ohne das vorliegende Werk eingehend zu bewerten. Löblich auch, dass du viel von einem Buch erwartest. Ungeachtet der fast nur überschwänglichen Besprechungen von „Premiere der Top Ten! Frankfurt Chess Classic 2000" (gesammelt finden sie sich auf den Homepages „www.RochadeKuppenheim.de" und „www.Frankfurt-West.de") erkenne ich bei deinem Beitrag vor allem Aversionen, die sehr widersprüchlich in Lob eingebettet wurden. Dein Redaktionskollege Dirk Poldauf scheint mir nicht nur weniger von Ressentiments gegen das Auftreten von Organisator Hans-Walter Schmitt geleitet, sondern befand sich im Gegensatz zu dir in Frankfurt und hätte somit besser beurteilen können, ob das Turnierbuch das Ambiente der Chess Classic vermittelt und dem Niveau der Veranstaltung entspricht.

Deine schwankenden Urteile zwischen Welt- und Kreisklasse, die du vermittelst, möchte ich nur in wenigen Punkten kommentieren. Die Interviews findest du zum Teil überflüssig, obwohl vor allem das speziell genannte mit Felix Magath vermutlich die beste Schach-Werbung des Jahres in Deutschland darstellte. Ich bedauere es selbst, dass der Gewinn der Silbermedaille der deutschen Nationalmannschaft bei der Olympiade weniger Resonanz erfuhr. Immerhin wurde aber ein Gespräch rund um das königliche Spiel in zahlreichen Tageszeitungen mehr Lesern kredenzt, als „Schach" in einigen Jahren erreicht. Schließlich schätzt nicht jeder in Interviews die Details über die Neuerung im 29. Zug. Horst Metzing, Geschäftsführer des Deutschen Schachbundes, erklärt zwei Seiten hinter der Rezension (S. 64) im stets von mir gerne gelesenen Fragebogen: „Der Schach spielende Mensch wird meist unbeachtet gelassen. Es zählen weitestgehend Ergebnisse und Partien. Die Schachmedien sollten sich mehr dem ganzen Menschen widmen." Genau diesem Ratschlag folgt das Interview über „Schach und Fußball" mit Trainer Magath.

Bemerkenswert fand ich überdies Antwort 5 von Horst Metzing: „Schachspieler sind Individualisten, besitzen Konzentrations-, Rechen- und Gedächtnisfähigkeiten, die ich bewundere. Aber warum nur jammern sie ständig und sind so häufig unzufrieden mit sich und der Welt?" Man meint, der DSB-Geschäftsführer habe damit dich als Prototyp dieses Menschenschlags direkt angesprochen. Zusammengefügt mit mehreren Urteilen ostdeutscher Großmeister, die bei dir Verbitterung seit dem Reinfall mit Finanzjongleur Heinrich Jellissen (nach dem Tod des Mäzens von Bayern München streutest du selbst im „Schach" Asche auf dein Haupt) auslöste, erklärt sich dein merkwürdiger Spagat im Umgang mit Turnierorganisatoren: Sie sollen deiner Erfahrung wegen zwar alle Geld auftreiben, um die Situation unseres Sports zu verbessern, aber dürfen sich bloß nicht wie Jellissen als Selbstdarsteller präsentieren. Tun sie es, wie der in jeglicher Beziehung umtriebige Hans-Walter Schmitt, entwickelt sich eine Hassliebe.

Wegen einer Buchbesprechung ein Psychogramm zu erzeugen, lag mir bis dato fern. Ich hätte auch diese Rezension auf sich beruhen lassen - wären am Schluss nicht noch Äußerungen gefolgt, die mich wirklich beleidigten. Von „begrenzten sprachlichen Mitteln" und Plumpheit ist die Rede. Als Indiz dagegen möchte ich einwenden, dass ich dann kaum Sport-Redakteur beim Badischen Tagblatt in Baden-Baden geworden wäre - geschweige denn regelmäßiger Autor weiterer Zeitungen und Magazine mit über fünf Millionen Lesern. Ich könnte noch diverse Wechsel-Offerten von Publikationen anführen, will jedoch nur eine erwähnen: Vor einigen Jahren erkundigtest du dich, ob ich mir vorstellen könne, künftig in der Redaktion von „Schach" zu arbeiten. Seitdem muss ich ziemlich schlecht geworden sein.

Obwohl ich sprachliche Akribie an den Tag zu legen versuche, bieten die 360 Seiten bedauerlicherweise Anlass, mir und meinen Mitautoren hie und da Fehler aufzutischen. Stattdessen echauffiert sich der Benutzer von russischen Floskeln wie „Kak maschina", was Großmeister Rustem Dautov gegen dich aufbrachte, über „Eulen nach Athen tragen". Schnitzer sind leider weder bei 80 Seiten „Schach" noch 360 Seiten „Premiere der Top Ten!" zu vermeiden. Trotz meiner „begrenzten sprachlichen Mittel" fiel mir zum Beispiel auf der März-Titelseite gleich der Fehler „Stories" auf. In englischer Sprache wird die Mehrzahl von Story tatsächlich so gebildet - indes beharrt der Duden auf Storys. Über mehr Fehler zu schreiben, hieße Eulen nach Athen tragen.

Wie ich von Hans-Walter Schmitt erfuhr, hattest du ihm in Dortmund (also nach dem Turnier, das du nicht besuchtest) ein Angebot unterbreitet, das Buch über die Frankfurt Chess Classic 2000 zu schreiben. Da ich wohl in absehbarer Zeit aus beruflichen Gründen mein Engagement bei den Chess Classic reduzieren werde, darfst du mich vielleicht wie bereits nach dem Buch „München 1993" beerben.

Grüße

Hartmut Metz


Links zum Thema:

zur Rezension von Raj Tischbierek

Vorstellung des FCC-Buches

der Briefwechsel von Harald Fietz mit Raj Tischbierek


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