Dmitrij Oleinikov: Bird-Verteidigung Die ChessBase-CD im Test Rezension von Robert Miklos, Mai 2002 Kommentare zur Rezension können im Schach-Forum präsentiert werden |
ChessBase 2002,
24,99
Systemvoraussetzungen: 32 MB RAM, Windows 95/98/2000/XP
Bewertung des Rezensenten:
Der erste Eindruck täuscht: Dem Titel nach erwartet man eher eine CD mit einer Eröffnung für Schwarz - es handelt sich jedoch um 1.f4, laut Autor die "solideste Nicht-Gambit-Eröffnung". In einer der Hauptvarianten (From's Gambit 1.f4 e5) muss Weiß anfangs defensiv agieren, hat aber laut Oleinikov gute Chancen auf Vorteil, bei allen anderen schwarzen Gegenzügen kann der Anziehende oft eine Angriffsstellung am Königsflügel erreichen.
Der Autor empfiehlt die CD für Spieler mit einer Wertungszahl von 2000. Sie bietet ein komplettes Repertoire für Weißspieler. Schwarz-Spieler finden auch ihre Möglichkeiten, müssen aber ein bisschen mehr Selbstständigkeit zeigen. Die CD ist zweisprachig, wobei in wenigen Fällen das Englische durchscheint, da die deutsche Version fehlt.
Oleinikov hat viel Inhalt auf die CD in vier Datenbanken gepackt, dazu noch ein paar Zugaben:
Bird-Instruktor: 200 von Oleinikov kommentierte Partien, etwa die Hälfte davon mit wortreichen Kommentaren, bei einigen jedoch nur durch kurze Varianten, Feldermarkierungen oder Anzeige der Bauernstruktur. Etwas bedenklich ist, dass ein Drittel davon vor 1946 gespielt wurden.
Die Bird-Base ist die große Datenbank mit über 15000 Partien, davon etwa 80 mit Kommentaren. Es finden sich auch Partien, in denen Weiß erst später f4 spielt und vorher b3/Lb2, g3 oder sonstiges spielt.
Dazu gibt es noch zwei Trainingsdatenbanken, mit deren Hilfe die wichtigsten taktischen und strategischen Motive gefestigt werden. Zu bemängeln ist hier die geringe Anzahl von 47 Partiefragmenten, allerdings: Wer diese ein paar Mal durcharbeitet, ist bereits gut gerüstet, Bird zu spielen.
Aus der Bird-Base wurde ein Bird-Eröffnungsbuch erstellt, damit kann man noch mehr Statistiken anschauen - die Aussagekraft ist wegen der Qualität des Partienmaterials möglicherweise nicht so hoch.
Zum Lesen der Daten wurde noch der Chessbase Reader beigefügt, der auf einem Windows (95/98/2000/ME/XP) Pentium-Rechner mit mindestens 32 MB RAM läuft.
In der Bird-Base ist ein kleiner Trend zu erkennen. Nach einem stetigen Anstieg der Bird-Partien von 1989 bis 1999, gibt es eine Abnahme in den letzten drei Jahren, obwohl durch die zunehmende Vernetzung und Computerisierung eigentlich eher mehr Partien verfügbar sein sollten, hier die Zahlen für die jeweiligen Jahre: 2001 (729), 2000 (1008), 1999 (1195), 1998 (1187), 1997 (1114), 1996 (1124), 1995 (1095). Die Partien stammen aus dem Fernschach und von diversen Open, ihre Editierung könnte noch einen letzten Feinschliff vertragen. Bei zwei 1995 in Paderborn gespielten Computer-WM-Partien heißen die zwei Kontrahenten einfach beide "Computer" und auch sonst gibt es kleinere Ungenauigkeiten, meistens weil der Vorname nicht ausgeschrieben ist.
Die interessanteste Datenbank ist sicherlich der Bird-Instruktor. Neben den 200 kommentierten Partien gibt es noch 13 Datenbanktexte, neun davon zu unterschiedlichen Schwarzsystemen, in denen der Autor strategische und taktische Erklärungen präsentiert (aber kaum konkrete Zugfolgen, die muss man sich z.B. im Eröffnungsbuch anschauen): der klassische Aufbau mit 1...d5, das schwarze Königsfianchetto, Schwarz wählt einen königsindischen oder Drachenaufbau ohne d5, Froms Gambit, abgelehntes Froms Gambit, Neo-From mit 2 .Sc6, Schlechter-Verteidigung mit 1.f4 d5 2.Sf3 Sf6 3.e3 Lg4, symmetrische Varianten mit 1.f4 f5, seltene Fortsetzungen; dazu findet man noch Vorabinformationen (Inhalt, Einleitung, Vorschläge zur Benutzung der CD), Zusatzinformationen (über den Autor, die besten Bird-Spieler, Tipps zum Repertoireaufbau) und eine Vorstellung des Namensgebers der Eröffnung, Henry Edward Bird, geschrieben von G. A. Macdonnell 1894.
Der Autor hat 1000 Partien im Internet Chess Club (ICC) gespielt. Die Zahl an sich ist sicherlich beeindruckend, ohne Zusatzinformation leider wenig aussagekräftig. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass es Partien mit Turnier-Bedenkzeit waren, bei Blitz- oder Bullet-Partien dürfte Schwarz mehr Risikobereitschaft zeigen. Gleich die ganze ICC-Partiesammlung als Extra-Datenbank wäre doch was gewesen!?
Hier eine klassische Partie, deren Schlusskombination in den meisten Taktikbücher zu finden ist:
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Lasker,E - Bauer,J [A03]
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Und hier noch eine der aktuellen Partien aus der Datenbank, in der Epischin gegen die Bird-Eröffnung ganz schnell verliert:
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Chernyshov,K (2536) - Epishin,V (2579) [A03]
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In der letzten Zeit sind viele Eröffnungs-CDs von Chessbase erschienen, es zeichnet sich ein Wechsel Buch-CD ab, wobei die Vorteile eindeutig bei der CD liegen. Man kann sie zwar nicht überall mitnehmen, für ein ernsthaftes Arbeiten sind sie jedoch ideal.
Kurzum: Eine inhaltsreiche CD zum Thema Bird (1.f4 und Ähnliches, wie z.B. aber nicht nur 1.b3).
Zielgruppe: Fortgeschrittene Anfänger bis angehende Meisterspieler (DWZ etwa 1400-2200); Schwarzspieler, für die Bird unbekanntes Terrain ist; Weißspieler, die Bird spielen wollen oder eine leicht zu erlernende zweite Eröffnung lernen möchten.
Besonderheit: 200 kommentierte Partien nebst einer großen Datenbank und zwei Trainingsdatenbanken. Ein umfangreiches Werk mit kleinen Ungenauigkeiten zu einem noch selten gespielten Eröffnungskomplex.
Eine zweite Meinung: Rezension von Harald Fietz.
Die CD stellte ChessBase, Mexikoring 35, 22297 Hamburg, für die Rezension zur Verfügung