Startseite Rochade Kuppenheim

Einblicke und Ansichten eines Individualisten

Viacheslav Eingorn: Decision-Making at the Chessboard

Rezension von Peter Oppitz, Februar 2004

Kommentare zur Rezension können im Schach-Forum präsentiert werden

mehr Rezensionen in der Test

 

Viatcheslav Eingorn: Decision-Making at the Chessboard

Gambit 2003
ISBN 1-901983-87-0
208 Seiten; ca. 25 Euro
Sprache: Advanced English

Bewertung des Rezensenten: Bewertung 4,5 aus 5

 

   Die Weltklasse-Großmeister der Gegenwart haben keine Zeit mehr zum Bücherschreiben. Was in den letzten zehn Jahren an gehaltvollen Autobiografien und hervorragend kommentierten Partiensammlungen aus eigener Feder - einst Standard und deshalb immer wieder unter den Klassikern genannt - erschienen ist, läßt sind an den Fingern einer Hand aufzählen.

   Nun hat der ukrainische Großmeister Viacheslav Eingorn sein Schatzkästlein geöffnet und eine Auswahl eigener Partien in einer der bemerkenswertesten Neuerscheinungen des letzten Jahres veröffentlicht. In den 80er Jahren war Eingorn (Jahrgang 1956) häufig Teilnehmer an den UdSSR-Meisterschaften (als Karpow und Kasparow regelmäßig mitspielten), belegte dort vordere Plätze und qualifizierte sich 1987 für das Interzonenturnier in Zagreb. Heute ist er weniger aktiv, spielt aber erfolgreich in Open, verschiedenen Mannschafts-Ligen und bei Teamwettbewerben für die Ukraine. Bekannt ist er für seinen subtilen und ausgefeilten Positions-Stil und das Ausquetschen langwieriger technischer Endspiele. "Decision-Making at the Chessboard" ist sein Debüt als Buchautor.

   Dargeboten werden 74 eigene Partien aus dem Zeitraum 1972 bis 2002, bei denen der Autor natürlich besonders gut Auskunft über die wahren Abläufe und Denkprozesse während des Spiels geben kann. Ergänzend sind weitere 17 historische Partien anderer Spieler eingeflochten, weitgehend zu Illustration oder Vergleich. Erfreulicherweise einmal ein aktuelles Werk, das ganz ohne Kasparow-Partie auskommt! Da Eingorns ELO-Zahl von etwa 2600 nie ganz für die Top-Twenty reichte, mußte er in den 90er Jahren sein Geld in Open verdienen, und wir finden auch Partien aus Travemünde, Cuxhaven, Hamburg, Erfurt, vom Berliner Sommer bis hin zu Schwäbisch-Gmünd und Oberwart, die in der Fülle von TWIC und Super-GM-Turnieren trotz ihres Gehaltes oft nicht die nötige Beachtung finden.

   Leider fehlen jegliches Vorwort oder Einleitung als Hilfestellung und Orientierung. Unvermittelt geht es mit den 9 Kapiteln los, und der Leser muß sich selbst seinen Weg bahnen, um zu beurteilen, wie weit das im Titel selbstgestellte Ziel erfüllt wird, den Denk- und Entscheidungsprozeß am Schachbrett zu untersuchen. Dafür wird man bereits im 1. Kapitel "Individualität und Stil" positiv überrascht. Hier untersucht Eingorn einige vielbesprochene und hochgelobte Klassiker, geht mit ihnen hart ins Gericht und äußert sehr eigenständige Ansichten. Zur Glanzpartie Reti - Aljechin, Baden-Baden 1925, (bekannt als eine der besten Leistungen Aljechins) kritisiert er: "Aljechins Taktik ist bemerkenswert, aber seine Strategie belegt nur den zweiten Platz.", macht einen ausführlichen Verbesserungsvorschlag zu Petrosjan - Bannik, Riga 1958, bereits im 17. Zug, über den viele Bearbeiter kommentarlos hinweggegangen sind, und am Ende der 5. WM-Partie Schlechter - Lasker 1910 lesen wir die erstaunliche Ansicht: "Allgemein verbinden Leute Laskers Erfolge mit Psychologie - völlig fälschlicherweise, wie mir scheint. Seine Art zu spielen (wie später die von Petrosjan) passte einfach nicht in die übliche Schablone schachlichen Standard-Denkens: Angriff, Verteidigung, Positionsspiel." Das erinnert unweigerlich an Hübners Vortrag auf der Lasker-Konferenz in Potsdam und die hierdurch ausgelöste Kontroverse in der Zeitschrift SCHACH. Dann folgt eine für Eingorn typische philosophisch-nebulöse Ausführung, die ich im Original zitiere, um das anspruchsvolle Englisch des Buches zu veranschaulichen: "Anything not expressible in wholly concrete and sufficiently graphic terms is very difficult to grasp. Conversely, vivid ideas, striking manoeuvres or even individual moves implant themselves in your memory as soon as you encounter them, and stay there more or less for good." Nun, alles sofort verstanden? Da greift man sicherlich öfter zum Wörterbuch ... [Anm.: Alle sonstigen Übersetzungen ins Deutsche stammen von mir.]

   Es ist aber nicht immer so abstrakt. Die Partien sind sehr anschaulich kommentiert. Keinesfalls scheut sich Eingorn, auch etliche eigene Verluste zu präsentieren und Fehler und Fehleinschätzungen einzugestehen. Dabei schimmert bisweilen sein sarkastischer Humor durch, wenn er nach einer Niederlage gegen den wilden Angriffsspieler Vitolins, der ihn mit scheinbar völlig antipositionellen Zügen über den Haufen rennt, notiert: "Schwarz versuchte lediglich die Erfordernisse der Position zu nutzen, während Weiß darauf aus war, sie um jeden Preis in die Richtung zu verändern, die er für notwendig hielt." Die Unterschiede im Stil zwischen verschiedenen Spielern kommen auch gut zum Ausdruck, wenn er im folgenden Beispiel zeigt, wie man in derselben Position (einem kritischen Eröffnungs-Abspiel aus dem Lettischen Gambit) mit gleicher Berechtigung zu gänzlich unterschiedlichen Folgerungen und Plänen gelangen kann:

 










Nimzowitsch,A - Behting,C [C40]
Riga, 1919
[Eingorn]

1.e4 e5 2.Sf3 f5 3.Sxe5 Df6 4.d4 d6 5.Sc4 fxe4 6.Se3! Nimzowitsch kommentiert in "Mein System" (1925): "In Verbindung mit dem folgenden Läufermanöver in jeder Beziehung ein Meisterzug. Auch wenn die ganze Welt 6.Sc3 spielt, betrachte ich dennoch 6.Se3 als beste Fortsetzung, und zwar aus reinen System-Gründen." Ihm gefallen der Blockade-Springer, der Druck auf d5 und die Sprengung mit c2-c4. [ 6.Le2! Bronstein schreibt in "200 Offene Partien" (1969): "Diese Neuerung widerlegt nicht nur eine spezielle Variante, sondern einen ganzen Komplex." 6...Sc6 ( 6...Dg6?? 7.Lh5! ) 7.d5 Se5 8.0-0 Sxc4 9.Lxc4 Dg6 10.Lb5+ Kd8 11.Lf4 h5 12.f3 wiederum mit weißem Vorteil in Bronstein,D - Mikenas,V, UdSSR-ch sf Rostow 1941 (1-0 , 25)] 6...c6 7.Lc4! d5 8.Lb3 Le6 9.c4 Df7 10.De2 Sf6 11.0-0 Lb4 12.Ld2 Lxd2 13.Sxd2 0-0 14.f4 mit klarem weißen Vorteil (1-0 , 27)

 

   Einleuchtend Eingorns Erklärung der unterschiedlichen Standpunkte: "Für Nimzowitsch sind die möglichen schwarzen Gegenchancen nach 6.Se3 nicht von fundamentaler Bedeutung - sein 'System' sollte in jedem Fall funktionieren. Bronstein sieht die generelle Idee des schwarzen Aufbaus in dem speziellen Manöver ...Dg6 und denkt, daß es für Weiß die beste Strategie ist, dies zu verhindern. Mit anderen Worten: Nimzowitsch denkt im Moment mehr an die Formierung seiner eigenen Position, während es die gegnerischen Möglichkeiten sind, auf die Bronstein sich konzentriert. Zusätzlich spielt das ästhetische Empfinden der beiden Großmeister keine geringe Rolle. Der eine liebt die Blockade, dem anderen gefällt die Variante 6.Le2 Dg6?? 7.Lh5!" Hier versteht ein Buch-Autor offensichtlich etwas vom tiefen Gehalt des Schachspiels und seiner Facetten und weiß dies anschaulich darzulegen!

   In Kapitel 2 "Taktische Komplikationen" nehmen seine außergewöhnlichen individuellen Ansichten noch zu. Als großer Stratege begreift Eingorn taktische Verwicklungen als "Fortführung des strategischen Kampfes mit anderen Mitteln" und offenbart unverhohlen seine große Skepsis gegen Korrektheit und Beherrschbarkeit zufällig auftretender Verwicklungen: "Wenn es zur Beurteilung rein taktischer Komplikationen kommt, (...) kann die Platzierung eines einzelnen Bauern oder einer Figur von überragender Bedeutung sein, während allgemeine Betrachtungen in den Hintergrund treten. Taktik ist wie eine Katze, die ihre eigenen Pfade geht. Ein Spaziergang mit ihr ist interessant, doch weiß ein Spieler nicht immer, wo sie ihn hinführt. Glück wird dadurch ein entscheidender Faktor, und das Resultat hängt zu oft vom Zufall ab." An 8 Beispielpartien wird gezeigt, wie bei Verwicklungen das Risiko steigt, der Charakter der Stellung sich schnell verändert und Fehler und Übersehen sprunghaft zunehmen. Wann hat man zuletzt von einem Großmeister so offen gehört, daß manche Bereiche der Taktik ein gewisses Glück beinhalten? Hier spricht natürlich ein Meister, der seine Partien in der Regel durch überlegenen Einblick und gediegene Strategie entscheiden will. Für ihn gehören das rechtzeitige Erkennen und Unterbinden möglicher gegnerischer Ausbruchs-Versuche zur guten Technik.

   Kapitel 3 "Aktive Verteidigung" widmet sich der schwierigen Frage, wie lange man in schlechterer Lage sich passiv verhalten und dem gegnerischen Treiben zuschauen sollte, und wann man eine aktive Gegeninitiative einleiten muß. An acht eigenen Partien werden gelungene und auch mißlungene Verhaltensweisen diskutiert. Hier zeigt sich wiederum der anspruchsvolle Charakter des Werkes, das sich vorwiegend an versierte Spieler richtet. Wie nützlich ist zum Beispiel für jemanden mit einer Spielstärke unter 1900 der folgende Ratschlag? Eingorn fordert: "In schlechter Position ist es äußerst wichtig, eine hinreichend exakte Prognose für die weitere Zukunft zu formen. Wenn dann die Chance auftaucht, aktiv zu werden, ist es viel einfacher, das strategische Risiko einzuschätzen und seine Entscheidung zu treffen." Das ist für einen schwächeren Spieler wohl kaum möglich. Wie soll er alle Nuancen der Stellung korrekt erfassen und mit Bestimmtheit wissen, ob bei normalem Weiterspielen seine Stellung durchaus haltbar oder bereits hoffnungslos verloren ist ?!

   Die folgenden Kapitel widmen sich weiteren schwierigen und fortgeschrittenen Konzepten: "Gefühl für Gefahr", "Inkorrektes Spiel" und "Einfache Positionen", worunter Stellungen mit einem einzigen vorherrschenden Thema verstanden werden.

   In den letzten drei Abschnitten hat Eingorn anscheinend Partien untergebracht, die nicht so recht in die vorherigen Kategorien passen wollten. Kapitel 7 "Auf der Suche nach einer Idee", die Übernahme fremder Vorgänger-Ideen unter dem Titel "Mindswap" (Kapitel 8), und zuletzt unter der Überschrift "Analyse This!" 18 schwierige Stellungen ohne Hinweise mit der Aufforderung, sie gründlich selbst zu untersuchen und die Ergebnisse mit Eingorns Analysen zu vergleichen. Wobei ausdrücklich kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben, sondern der Leser zu eigenen Untersuchungen aufgefordert wird.

    Die Qualität der ausführlichen Partie-Analysen ist sehr hoch, Varianten und Texterklärungen sind reichlich angegeben. Die Betrachtungsweise ist sehr kritisch und differenziert, an Fragezeichen und Verbesserungen wird nicht gespart. Eine gehörige Spielstärke wird allerdings auch hier vorrausgesetzt, Elementares nicht erläutert. Obwohl Eingorn regelmäßig seine Analysen im Schach-Informator (der ja leider nie Korrekturen zu vorherigen Bänden bringt) veröffentlicht hat, ergab eine Prüfung, daß die Partien für das Buch offensichtlich alle neu durchgesehen wurden. Aufgrund zahlreicher neuer taktischer Funde wurden viele Analysen korrigiert, ergänzt oder teilweise komplett umbewertet. Im Zeitalter der Analyse-Engines eigentlich eine Selbstverständlichkeit, beileibe jedoch nicht von allen Autoren beherzigt. Ein kleines Beispiel:

 










Eingorn,V (2575) - Lin,T (2450) [D27]
Beijing, 1991
[Eingorn]

1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.e3 e6 4.Lxc4 Sf6 5.Sf3 c5 6.0-0 a6 7.Ld3 cxd4 8.exd4 Le7 9.Lg5 b5 10.Sc3 Sbd7!? Die damalige Neuerung bekommt im Informator 51/Partie (401) noch ein "?!" 11.d5!? statt vorher "!|^" 11...Sc5 [ Das Nehmen mit 11...exd5!? mag riskant erscheinen, ist tatsächlich jedoch gut spielbar: 12.Te1 0-0 weil 13.Sxd5?! Sxd5 14.Lxh7+ Kxh7 15.Dxd5 Lxg5 16.Sxg5+ Kg8 17.Sxf7?! an dem überzeugenden Konter 17...Lb7! scheitert ( im Informator wurde nur 17...Txf7 18.Dxa8 mit leichtem weißen Vorteil angegeben) ; Auf 11...b4 ergänzt Eingorn die bemerkenswerte taktische Variante 12.dxe6 Sc5 13.Le4! Scxe4 14.Sxe4 Dxd1 ( 14...Sxe4 15.exf7+ Kxf7 16.Se5+ ) 15.exf7+ Kxf7 16.Taxd1 Sxe4 17.Lxe7 Kxe7 18.Tfe1 und Weiß erhält sein investiertes Material mit kleinen Zinsen zurück ] 12.Lc2 Sxd5 13.Lxe7 Kxe7? [ 13...Dxe7!? 14.Sxd5 exd5 15.a4! bxa4 ( 15...b4 16.Te1 Le6 17.Dd4 0-0 18.Dxb4 +=) 16.Te1 Le6 17.Lxa4+ Sxa4 18.Dxa4+ Dd7 19.Db4! De7 20.Txa6!? Das Urteil über diese kritische Kombination mußte auch revidiert werden: 20...Dxb4 ( Der Informator führt lediglich an: 20...Txa6 21.Db5+ Dd7 22.Dxa6 0-0 23.Sd4 mit weißem Vorteil) 21.Txa8+ Ke7 22.Txh8 h6 gibt keiner Seite Vorteil. Daraus folgt, daß 13...De7 wohl erfolgreich die weiße Initiative eindämmt und zum Ausgleich genügt!] 14.Dd4 Dd6 einziger Zug 15.b4! Sxc3 [ 15...Sd7 16.Sxd5+ Dxd5 17.Le4! Dxd4 18.Sxd4 ist auch schlecht für Schwarz] 16.Dxc3 Sa4 17.Lxa4 bxa4 18.Tad1 Db6 19.Dxg7 Tf8 20.Se5 Ta7 21.Td3 Ke8 22.Tfd1 1-0

 

   Besonders auf ihre Kosten kommen werden bei der Lektüre 1.d4-Spieler. Damengambit, strategische Aufbauten in geschlossenen Eröffnungen und Englische Systeme herrschen vor, mit Schwarz bevorzugt Eingorn schwerblütiges Französisch. Auch die Endspiel-Liebhaber werden bedient, viele Partien münden in Turmendspiele. Etliche komplizierte Leichtfiguren-Endspiele (gegen Beljawski, Lwow 1984 und Kiew 1986; gegen Kupreichik, Minsk 1987; gegen Nogueiras, Moskau 1990 und gegen Tukmakow, Nikolajew 1981) und ein unklares Qualitäts-Endspiel gegen Mikhalchishin, Simferopol 1983, werden variantenreich und mit Hinweis auf versteckte Rettungsmöglichkeiten dargelegt. Eingeflochten sind ferner Ausführungen über spezielle bevorzugte Eröffnungs-Systeme wie Grünfeld-Indisch und Damengambit Tartakower jeweils mit 8.Tb1 sowie frühes 5.Dc2 im Damengambit.

   Ein übersichtlich strukturiertes Lehrbuch ist es jedoch nicht, die ganzen Anregungen, Hinweise, Weisheiten und Tips sind weitgehend in  den Text und ind die Analysen eingewoben; man muß das Buch schon genau durcharbeiten, um alles zu entdecken und auszuwerten. Wie man sieht, ein wirklich äußerst gehaltvolles Werk eines originellen Denkers mit sehr eigenständigem Stil und starken Ansichten, das man immer wieder an beliebiger Stelle aufschlagen und Neues und Außergewöhnliches fernab jeder Schablone entdecken kann. Ein klein wenig Wehmut beschleicht einen dann doch, wenn man bedenkt, daß Verlag und Autor mit etwas mehr Aufwand aus dem reichhaltigen Material einen noch brillanteren Traktat hätten machen können als das kleinformatige Gambit-Buch. Zu wenig strukturiert und hervorgehoben oder zusammengefaßt sind die jeweiligen Thesen zu den behandelten Kapitel-Themen (und deshalb gibt's einen halben Stern Abzug). Oft beläßt es Eingorn seinem Charakter entsprechend bei kurzen diffusen Aussagen wie "Komplizierte logische Konstrukte sollten mit Argwohn betrachtet werden, weil sie allzu oft neue Probleme hervorbringen."

   Auch der biografische Aspekt kommt reichlich kurz. Eine Aufstellung von Eingorns Turnier-Erfolgen im Anhang wäre schön, und in den kurzen Einführungen zu den Partien erfährt man nichts über nähere Umstände und Turniersituation. Lediglich im Analyse-Kommentar wird hin und wieder auf beidseitige Übersehen oder Fehlbeurteilungen beim Kampfeseifer hingewiesen. Während andere Autoren wie Rowson oder Aagaard sich in der Mitteilung ihrer persönlichen Erlebniswelt gar nicht bremsen können, bleibt Eingorn viel zu zurückhaltend. Lediglich anläßlich seines Sieges gegen Bronstein, Tallinn 1980, amüsiert er sich darüber, daß Bronstein die versteckte Rettung mittels des Turmopfers Txh6+ nicht findet, obwohl sie ihm aus seiner eigenen Partie gegen Kortschnoi, Leningrad 1962, wohlbekannt sein sollte. Was könnte solch ein Spieler aus seiner langen Laufbahn an einmaligen Geschichten und Erlebnissen berichten! Oder wir müssen abwarten und dürfen bei gutem Verkaufs-Erfolg auf einen Fortsetzungs-Band hoffen ...

 

Fazit: Mit "Decision-Making at the Chessboard" erhält man eine faszinierende Fülle an weniger bekanntem und hochwertig kommentiertem Partie-Material. Leser jeder Spielstärke können es als anspruchsvolle Partiensammlung und Einblick in die Ideen und Denkweisen eines originellen Weltklasse-Großmeisters genießen. Wirklich für die eigene Praxis profitieren werden allerdings erst Spieler ab ca. 2000 aufwärts, die die vielen in Text und Analysen eingewobenen wertvollen Hinweise, Erkenntnisse, Tips und Strategien verstehen, nachvollziehen und umsetzen können. Ein wunderbar gehaltvolles und anregendes Buch!

 

 

das Rezensionsexemplar stellte die Firma Niggemann (Industriestraße 10, 46359 Heiden) zur Verfügung


zur Test